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AKW Lingen erhält erste Genehmigung für Standort-Zwischenlager

Weiterer Baustein zur Reduzierung der Atomtransporte

Ausgabejahr 2002
Datum 07.11.2002

Gemeinsame Veröffentlichung mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat heute der Betreiberin des Atomkraftwerks Lingen die Genehmigung zum Betrieb eines Zwischenlagers erteilt. In dem Lager sollen die abgebrannten Brennelemente aus dem AKW für maximal 40 Jahre aufbewahrt werden, bevor sie in ein Endlager überführt werden. Lingen ist das erste atomare Zwischenlager, das am Standort eines in Betrieb befindlichen Atomkraftwerks genehmigt wird. Weitere 11 Lager, die von den AKW-Betreibern beantragt wurden, befinden sich im Genehmigungsverfahren. Durch die dezentralen Standortlager wird die Zahl der Atommülltransporte drastisch reduziert, innerdeutsche Atomtransporte werden in absehbarer Zeit ganz überflüssig.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin sagte, die den Betreibern von Atomkraftwerken gesetzlich auferlegte Pflicht zum Bau von Zwischenlagern an den Standorten der Atomkraftwerke trage jetzt erste Früchte: "Mit dieser ersten Genehmigung für ein Standort-Zwischenlager wird ein wichtiges Ziel der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen erreicht. Die Entsorgungslasten zwischen den Bundesländern werden gerechter verteilt und die zentralen Zwischenlagerstandorte Gorleben und Ahaus erheblich entlastet."

Durch die Errichtung von dezentralen Zwischenlagern und das Verbot von Transporten in die Wiederaufarbeitung ab Juli 2005 werden die Atomtransporte praktisch auf die Rückführung deutschen Atommülls aus der Wiederaufarbeitung beschränkt. Die Bundesrepublik ist verpflichtet, den im Ausland lagernden Atommüll zurückzunehmen. Mit der Festlegung der in Atomkraftwerken noch produzierbaren Reststrommenge hat der Gesetzgeber gleichzeitig die noch anfallende radioaktive Abfallmenge begrenzt.

Der Präsident des BfS, Wolfram König, verwies darauf, sein Amt sei nach umfassender Prüfung und Bewertung der Eignung des Standortes, der Konzeption des Lagers sowie der Maßnahmen gegen mögliche Schäden durch die Aufbewahrung der Kernbrennstoffe zu dem Ergebnis gekommen, dass nach dem Stand von Wissenschaft und Technik Vorsorge getroffen und der Strahlenschutz für Personal und Bevölkerung gewährleistet ist.

König betonte, in dem Genehmigungsverfahren seien als Konsequenz aus den Ereignissen des 11. September 2001 auch Angriffe mit großen Zivilflugzeugen auf das Zwischenlager untersucht worden. "Die von mir beauftragten Gutachter haben bestätigt, dass auch von diesem extremen Szenario keine unzulässigen radiologischen Folgen zu befürchten sind", sagte König.

Bei der Begutachtung der Auswirkungen eines bewusst herbeigeführten Flugzeugabsturzes wurden die mechanischen und thermischen Einwirkungen untersucht. Die Prüfung hat ergeben, dass ein solcher Terrorangriff auf das Zwischenlager Lingen selbst unter Zugrundelegung ungünstiger, konservativer Annahmen gemäß den Störfallberechnungsgrundlagen nicht zu einer Gefährdung von Leben und Gesundheit infolge erheblicher Direktstrahlung oder infolge der Freisetzung einer erheblichen Menge radioaktiver Stoffe führt.

Auch die Reaktor-Sicherheitskommission hatte in ihrer Stellungnahme vom 11. Juli 2002 zur "Sicherheit deutscher Zwischenlager für bestrahlte Brennelemente in Lagerbehältern bei gezieltem Absturz von Großflugzeugen" zusammenfassend festgestellt, dass die Transport- und Lagerbehälter auch im Falle des gezielten Absturzes eines Großflugzeuges die wesentliche Schutzfunktion des sicheren Einschlusses der radioaktiven Stoffe aufgrund ihrer Bauweise bei mechanischer und thermischer Belastung gewährleisten (www.rskonline.de).

Der BfS-Präsident sagte, sein Amt habe bei der Antragstellerin darauf hingewirkt, den Zwischenlagerbetrieb und die Aufbewahrung der radioaktiven Inventare in den Behältern auf maximal 40 Jahre ab dem Zeitpunkt der Einlagerung des ersten Behälters zu befristen. Ursprünglich war der Betrieb unbefristet beantragt worden. "Außerdem haben wir die maximal zulässige Menge an einzulagerndem radioaktivem Material -- wie auch von den Einwendern im Verlauf des Genehmigungsverfahrens gefordert -- von den zunächst beantragten 1500 t auf 1250 t reduziert. Auch verringerten sich die zulässige Aktivitätsmenge und die Wärmeleistung", sagte König.

Die Genehmigung für das Standort-Zwischenlager Lingen wird in Kürze in Lingen und beim BfS in Salzgitter zur Einsicht ausgelegt und auf der Internetseite des BfS (www.bfs.de) veröffentlicht werden. Gegen die Genehmigung können Einwenderinnen und Einwender innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erheben.

Hinweis: Aktuelle Informationen

Im Jahr 2016 hat der Gesetzgeber die Behördenlandschaft aktuellen Entwicklungen und Aufgaben angepasst. Die Aufgaben im Bereich der kerntechnischen Sicherheit und der Entsorgung radioaktiver Abfälle, die bis dahin zum Aufgabenspektrum des BfS gehörten, wurden auf das 2014 gegründete Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) sowie die 2016 gegründete Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) übertragen.

Aktuelle Informationen zu diesen Themen sind unter www.bfe.bund.de und www.bge.de zu finden.

Stand: 07.11.2002

© Bundesamt für Strahlenschutz