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BfS genehmigt das erste Standort-Zwischenlager in Lingen

Sicherheit auch bei Flugzeugabsturz gewährleistet

Ausgabejahr 2002
Datum 07.11.2002

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat heute der Betreiberin des "Kernkraftwerks Emsland" in Lingen die Genehmigung für den Betrieb eines Zwischenlagers erteilt.

Es ist die erste Genehmigung für ein dezentrales Zwischenlager an einem laufenden Kernkraftwerk. Diese Zwischenlager vor Ort dienen der Vermeidung von Transporten abgebrannter Brennelemente in die zentralen Zwischenlager Gorleben und Ahaus.

Im Genehmigungsverfahren hat das BfS als Konsequenz der Ereignisse des 11. September 2001 Angriffe mit großen Zivilflugzeugen untersucht. Die vom BfS beauftragten Gutachter haben bestätigt, dass auch von diesem extremen Szenario keine unzulässigen radiologischen Folgen zu befürchten sind.

Die Genehmigung gestattet der "Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH", auf dem Kraftwerksgelände abgebrannte Brennelemente in einem 110 m langen, 27 m breiten und 21 m hohen Lagergebäude aus 1,2 bis 1,3 Meter dickem Stahlbeton aufzubewahren. Dafür sind maximal 125 Transport- und Lagerbehälter der Bauart CASTOR V/19 (mit insgesamt bis zu 1250 Tonnen Schwermetall, 6,9 x 1019 Bq Aktivität und 4,7 MW Wärmefreisetzung) aus dem Atomkraftwerk Lingen (Ems) vorgesehen.

Die baurechtliche Genehmigung für das Gebäude hatte die Stadt Lingen am 27.9.2000 ausgesprochen.

Das für die atomrechtliche Genehmigung zuständige BfS hat bei der Antragstellerin darauf hingewirkt, den Zwischenlagerbetrieb und die Aufbewahrung der radioaktiven Inventare in den Behältern auf maximal 40 Jahre ab dem Zeitpunkt der Einlagerung des ersten Behälters zu befristen. Ursprünglich war der Betrieb unbefristet beantragt worden.

Die maximal zulässige Menge an einzulagerndem radioaktivem Material wurde - wie auch von den Einwendern im Verlauf des Genehmigungsverfahrens gefordert - von den zunächst beantragten 1500 t auf 1250 t reduziert. Auch die zulässige Aktivitätsmenge und die Wärmeleistung verringerten sich.

Die Untersuchungen der Ereignisse im Bereich von Störmaßnahmen und sonstigen Einwirkungen Dritter haben ergeben, dass auch der Eingriffswert für den Katastrophenschutz von 100 Millisievert (mSv) effektiver Dosis und die entsprechenden Werte von 250 mSv (Erwachsene) bzw. 50 mSv (Kinder, Jugendliche und Schwangere) für die Schilddrüsendosis durch das in diesem Fall besonders gefährliche radioaktive Jod nicht erreicht würden.

Bei diesem Terrorszenario würden selbst die in der Strahlenschutzverordnung festgelegten Störfallplanungswerte weit unterschritten.

Die - durch externe Gutachter unterstützten - Prüfungen der Antragsunterlagen haben zu einer Reihe von Auflagen im Genehmigungsbescheid geführt. Der sichere Einschluss des radioaktiven Materials wird dadurch gewährleistet, dass jeder Behälter mit einem Doppeldeckel-System ausgerüstet ist. Für möglicherweise notwendig werdende Reparaturen am Primärdeckel hat die Antragstellerin Einrichtungen vor Ort vorzuhalten. Sie hat mit einer Deckungsvorsorge nachgewiesen, dass sie ihren Schadensersatzverpflichtungen infolge eines vom Zwischenlager ausgehenden nuklearen Ereignisses nachkommen kann.

Das BfS ist nach umfassender Prüfung und Bewertung der Eignung des Standortes, der Konzeption des Standort-Zwischenlagers sowie der Maßnahmen gegen mögliche Schäden durch die Aufbewahrung der Kernbrennstoffe zu dem Ergebnis gekommen, dass nach dem Stand von Wissenschaft und Technik hinreichende Vorsorge getroffen und der Strahlenschutz für die Bevölkerung und das Personal gewährleistet ist.

Die Genehmigung für das Standort-Zwischenlager Lingen wird in Kürze in Lingen und beim BfS in Salzgitter zur Einsicht ausgelegt und auf der Internetseite des BfS (www.bfs.de) veröffentlicht werden.

Gegen die Genehmigung können Einwenderinnen und Einwender innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erheben.

Derzeit prüft das BfS Anträge zur Einrichtung von 11 weiteren Standort-Zwischenlagern und 2 Interimslagern.

Anlage

Daten zum Genehmigungsverfahren

Am 22.12.1998 hatte die Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH die Erteilung der Genehmigung zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen in einem Standort-Zwischenlager beim BfS beantragt, das als atomrechtliche Genehmigungsbehörde nach § 6 des Atomgesetzes zuständig ist und mit der baurechtlichen Genehmigungsbehörde, der Stadt Lingen, zusammenarbeitete.

Das Vorhaben wurde am 24.7.1999 im Bundesanzeiger und den regionalen Zeitungen "Lingener Tagespost", "Meppener Tagespost" und "Grafschafter Nachrichten" sowie am 30.7.1999 in den Niederlanden öffentlich bekannt gemacht. Der Antrag, die Kurzbeschreibung und der Sicherheitsbericht zum Vorhaben lagen vom 2.8. - 1.10.1999 öffentlich aus und wurden vom 15. - 20.12. 1999 in Lingen mündlich erörtert. Am 27.9.2000 erteilte die Stadt Lingen die baurechtliche Genehmigung.

Gegen das Vorhaben hatten etwa 3500 Personen Einwendungen erhoben. Die Einwendungen wurden mit den Antragsunterlagen geprüft und im Genehmigungsbescheid behandelt.

Hinweis: Aktuelle Informationen

Im Jahr 2016 hat der Gesetzgeber die Behördenlandschaft aktuellen Entwicklungen und Aufgaben angepasst. Die Aufgaben im Bereich der kerntechnischen Sicherheit und der Entsorgung radioaktiver Abfälle, die bis dahin zum Aufgabenspektrum des BfS gehörten, wurden auf das 2014 gegründete Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) sowie die 2016 gegründete Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) übertragen.

Aktuelle Informationen zu diesen Themen sind unter www.bfe.bund.de und www.bge.de zu finden.

Stand: 07.11.2002

© Bundesamt für Strahlenschutz