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Ionisierende Strahlung

Umweltradioaktivität - Medizin - Beruflicher Strahlenschutz - Nuklear-spezifische Gefahrenabwehr

Ionisierende Strahlung

Der Unfall von Fukushima

  • Ein starkes Erdbeben mit nachfolgendem Tsunami führte zu großen Schäden im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi in Japan.
  • In der Folge wurden radioaktive Substanzen freigesetzt.
  • Gegenmaßnahmen überführten die Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerkes Fukushima Daiichi in einen kontrollierten Zustand.
  • Weitere Maßnahmen sollen die Freisetzung radioaktiver Stoffe verhindern bzw. reduzieren.

Am 11. März 2011 um 14:46 Uhr Ortszeit erschütterte ein Erdbeben der Stärke 9,0 (Richterskala) den Norden der japanischen Hauptinsel Honshu. Wenig später erreichte ein Tsunami die nördliche Ostküste der Insel, der katastrophale Auswirkungen für die Menschen der Region hatte.

Unfall im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi

Im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi (in den Medien auch als Fukushima-1 oder Fukushima-I bezeichnet) mit seinen sechs Siedewasserreaktorblöcken ging durch das Erdbeben die Anbindung an das öffentliche Stromnetz verloren. Die nukleare Kettenreaktion in den zu diesem Zeitpunkt betriebenen Reaktorblöcken 1 bis 3 wurde durch Schnellabschaltung gestoppt.

Durch den auf das Erdbeben folgenden Tsunami fiel in den Blöcken 1 bis 4 zusätzlich die Notstromversorgung langfristig aus. Somit fehlte diesen Blöcken die Energieversorgung für die Kühlung der Brennelemente in den Reaktorkernen und den Brennelement-Lagerbecken, die auch nach der Reaktorschnellabschaltung erforderlich ist.

In den Blöcken 5 und 6 fielen ebenfalls große Teile der Notstromversorgung aus. Ein verbleibender, einsatzfähiger Notstromdiesel wurde für die Blöcke 5 und 6 wechselseitig benutzt. Schwere Kernschäden in diesen Blöcken konnten hierdurch vermieden werden.

Zusätzlich zur Notstromversorgung fiel auch die Nebenkühlwasserversorgung durch Beschädigungen an Pumpen und Schaltanlagen in Folge des Tsunamis aus. Das Nebenkühlwassersystem wird unter anderem zur Nachwärmeabfuhr benötigt.

Die Blöcke 1 bis 5 in Fukushima Daiichi sind mit einem Mark I-Containment (Sicherheitsbehälter) ausgestattet Sicherheitsbehälter FukushimaSchema eines Mark I-Containments: Die Blöcke 1 bis 5 in Fukushima Daiichi sind mit einem Sicherheitsbehälter vom Typ Mark I ausgestattet

Schäden am Reaktorkern

Der Ausfall der Notstromversorgung und der Nebenkühlwasserversorgung führte in den Blöcken 1, 2 und 3 des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi zum Ausfall der Kernkühlung sowie der Kühlung der Brennelement-Lagerbecken. In Block 1 fielen direkt nach Eintreffen des Tsunamis die Sicherheitssysteme vollständig aus. Bei den Blöcken 2 und 3 konnte der Betrieb der Notkühlsysteme etwa 3 (Block 2) bzw. 2 Tage (Block 3) aufrechterhalten werden, bevor auch diese Systeme ausfielen. Da einige Zeit vergangen war, bis eine Einspeisung von zunächst Süß-, dann Meerwasser zur Kühlung aufgenommen werden konnte, kam es zur Überhitzung der Reaktorkerne und in der Folge zum Schmelzen von Kernmaterial.

Nach Analysen der Betreiberfirma TEPCO kann in Block 1 das geschmolzene Kernmaterial den Reaktordruckbehälter durchschmolzen und sich weitgehend in den Beton am Boden des Sicherheitsbehälters gefressen haben (innerhalb des Sicherheitsbehälters). Unklar ist, ob die Noteinspeisung von Kühlwasser mittels Feuerlöschpumpen in den Blöcken 2 und 3 ein Versagen der Reaktordruckbehälter verhindern konnte. Es wird davon ausgegangen, dass sich im Block 2 der Großteil des Kernmaterials noch innerhalb des Reaktordruckbehälters befindet und dort erstarrt ist, jedoch auch dass der Reaktordruckbehälter beschädigt worden ist. Im Block 3 wird vermutet, dass Teile des geschmolzenen Kerns aus dem Reaktordruckbehälter in den Sicherheitsbehälter ausgetreten sind.

In wieweit die Sicherheitsbehälter der Blöcke 1 bis 3 beschädigt sind, ist noch nicht abschließend geklärt.

Wasserstoffexplosionen

Zwischen dem 12. und 15. März 2011 haben sich mehrere Wasserstoffexplosionen ereignet und zu weitreichenden Zerstörungen der Reaktorgebäude der Blöcke 1, 3 und 4 geführt. Bei Beschädigungen des Reaktorkerns kann sich Wasserstoff durch die Reaktion von Wasserdampf mit den Hüllrohren der Brennelemente bilden. Diese Reaktion setzt bei Temperaturen ab zirka 900°C ein. In Siedewasserreaktoren ist der Sicherheitsbehälter im Normalbetrieb mit Stickstoff inertisiert, das heißt, es steht nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung, damit Wasserstoff und Sauerstoff miteinander explosionsartig reagieren. Im Verlauf des Unfalls in Fukushima sind größere Mengen Wasserstoff in die Reaktorgebäude gelangt. Dadurch haben sich dort explosionsfähige Gemische gebildet.

Aufgrund der Explosionen in den Reaktorgebäuden der Blöcke 1, 3 und 4 sind hier auch Trümmerteile in die Brennelement-Lagerbecken, die sich im oberen Bereich der Reaktorgebäude außerhalb des Sicherheitsbehälters befinden, gefallen. Im Juli 2012 wurden in Block 4 zwei unbenutzte Brennelemente probeweise geborgen und untersucht. Dabei konnten keine signifikanten Beschädigungen, Formveränderungen oder Korrosionsschäden festgestellt werden.

Freisetzung von Radioaktivität in die Umwelt

Aufgrund des Unfalls kam es zur erheblichen Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umwelt. Dies führte auch zur Einstufung des Unfalls in Fukushima Daiichi in die Stufe 7 "Katastrophaler Unfall" in der internationalen Meldeskala INES (International Nuclear and Radiological Event Scale).

Die Freisetzungen in die Atmosphäre erfolgten im Wesentlichen:

  1. Durch die ungefilterte Druckentlastungen der Sicherheitsbehälter:
    Neben der Freisetzung von Edelgasen, die auch bei einer gefilterten Druckentlastung erfolgt wäre, führte dies zur Freisetzung hauptsächlich von leichtflüchtigen Spaltprodukten wie Jod und Cäsium.

  2. Durch Leckagen der Sicherheitsbehälter:
    Während des Unfallablaufs wurden Druck und Temperatur der Sicherheitsbehälter, für die die Sicherheitsbehälter konzipiert waren, in den Blöcken 1 bis 3 zum Teil deutlich überschritten. Wahrscheinlich sind hierbei Leckagen aufgetreten.

Neben der Freisetzung in die Atmosphäre kam es zur Freisetzung von radioaktiven Stoffen in Wasser – hauptsächlich als Kontamination des zur Notkühlung eingespeisten Wassers. Da keine geschlossenen Kühlkreisläufe mehr existieren, haben sich große Mengen kontaminierten Wassers über Leckagen der Sicherheitsbehälter in den Gebäuden angesammelt. Anfang April 2011 kam es zum Ausfluss von stark kontaminiertem Wasser ins Meer. Außerdem dringt auch heute noch Wasser – hauptsächlich Grundwasser - von außen in die Gebäude ein.

Durch verschiedene Maßnahmen konnte der Zufluss von Grundwasser in die Gebäude inzwischen erheblich reduziert werden. Zudem ist eine Reinigungsanlage für das kontaminierte Wasser in Betrieb. Wasser, das nach der Behandlung nicht wieder zur Kühlung in die Reaktoren eingespeist wird, wird auf dem Anlagengelände in verschiedenen Behältern zwischengelagert. Die Lagerkapazitäten mussten bisher stetig erweitert werden.

Teile des gereinigten Wasser dürfen inzwischen auch ins Meer abgeleitet werden. Hierbei geht es insbesondere um Grundwasser, das um das Kraftwerksgelände herumgeleitet wurde. Die in diesen Wässern noch vorhandene Konzentration an radioaktiven Stoffen liegt weit unter den gesetzlichen Grenzwerten.

Zwischenfall im August 2013

Am 20. August 2013 gab TEPCO bekannt, dass 300 Tonnen mittelradioaktiv belastetes Wasser aus einem Lagertank auf dem Kraftwerksgelände ausgetreten seien. Der Vorfall wurde auf der INES-Skala als Störfall der Stufe 3 eingestuft.

Maßnahmen zur Minderung der Unfallfolgen

Der Betreiber TEPCO stellte am 17. April 2011 in einer sogenannten Roadmap seine Planungen vor, wie die Blöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerkes Fukushima Daiichi mittelfristig in einen kontrollierten Zustand überführt werden sollen. Mit einer Reihe von Maßnahmen soll schrittweise eine stabile Anlagensituation hinsichtlich

  • der Kühlung der Reaktoren und Brennelement-Lagerbecken,
  • der Begrenzung der Freisetzung radioaktiver Materialien und
  • der Überwachung der radiologischen Situation innerhalb und außerhalb des Kraftwerks

geschaffen werden.

Für die Blöcke 1 bis 3 war das Hauptziel, die Kühlung der zerstörten Reaktorkerne langfristig bei Temperaturen unterhalb der Siedebedingungen des Kühlwassers sicherzustellen. Dies wurde nach einer Erklärung der japanischen Regierung vom 16. Dezember 2011 für alle Reaktoren erreicht.

Mittlerweile wird kontaminiertes Wasser in einer Reinigungsanlage aufbereitet und anschließend zur Kühlung der Reaktoren wiederverwendet. Wesentliche Aktivitäten sind darauf gerichtet, das Eindringen von Wasser in die Gebäude und den Austritt von kontaminiertem Wasser zu minimieren. Dazu zählen laufende Maßnahmen wie

  • das Abpumpen von Grundwasser, um dessen Eindringen in die Blöcke 1-4 zu verhindern,
  • das gezielte Entfernen und Aufarbeiten von hochkontaminierten Wasseransammlungen,
  • die Errichtung einer wasserundurchlässigen Mauer auf der Seeseite und
  • die Vereisung des Erdreichs um die Blöcke 1 bis 4 zur Abdichtung.

Um die weitere Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung zu reduzieren, ist die Abdeckung der zerstörten Reaktorgebäude vorgesehen. Über den Blöcken 1 und 4 wurden provisorische Überbaukonstruktionen aus einem Stahlgerüst - bedeckt mit wasser- und luftundurchlässigen Zeltfolien und ausgestattet mit einer Lüftungsanlage mit Filtersystemen errichtet. Die Schäden an der Gebäudehülle von Block 2 sind beseitigt. Eine Einhausung des Blocks 3 ist in Arbeit.

Langfristige Planungen

Langfristig plant der Betreiber TEPCO die Bergung der zerstörten Reaktorkerne und der Brennelemente aus den Brennelement-Lagerbecken sowie deren Entsorgung. Anschließend soll ein Rückbau der Anlage erfolgen.

Vom 18. November 2013 bis zum Dezember 2014 wurden die Brennelemente in den Lagerbecken des Blocks 4 geborgen. Für die Blöcke 1 bis 3 ist der Beginn der Bergung der Brennelemente ab dem Jahr 2017 geplant, nachdem vorbereitende Arbeiten, wie das Entfernen von Trümmern und der Bau einer Einhausung, abgeschlossen sind.

Da in den Blöcken 1 bis 3 die Reaktorkerne nach den Analyseergebnissen ganz oder teilweise geschmolzen sind, können konventionelle Methoden für die Bergung des Kernbrennstoffs aus den zerstörten Reaktoren nur schwer eingesetzt werden. Eine genaue zeitliche Planung wurde von TEPCO noch nicht bekannt gegeben. Der gesamte Rückbau wird nach aktuellen Schätzungen noch 30 bis 40 Jahre dauern.

Stand: 27.10.2017

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