Navigation und Service

Ionisierende Strahlung

Umweltradioaktivität - Medizin - Beruflicher Strahlenschutz - Nuklear-spezifische Gefahrenabwehr

Ionisierende Strahlung

Vergleich des Fallouts durch oberirdische Kernwaffentests, den Reaktorunfall in Tschernobyl und den Reaktorunfall in Japan

In der Vergangenheit wurden durch menschliche Handlungen zweimal größere Mengen radioaktiver Stoffe in die Atmosphäre eingetragen und führten zu nachweisbaren Strahlenbelastungen in Europa: zum einen aufgrund der oberirdischen Kernwaffentests in den 1950er und 1960er Jahren, zum anderen nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl im Jahr 1986. In beiden Fällen wurden radioaktive Stoffe aus der Kernspaltung freigesetzt.

Oberirdische Kernwaffentests

Aufgrund der oberirdischen Kernwaffentests gelangten vor allem die radioaktiven Stoffe Cäsium-137 und Strontium-90 in die Atmosphäre, aber auch Plutonium. Sie wurden weltweit und damit auch nach Deutschland verbreitet und führten zu einer erhöhten Strahlenbelastung der Bevölkerung. Durch Niederschläge wurden die radioaktiven Spaltprodukte aus der Atmosphäre ausgewaschen ("Fallout") und auf dem Boden abgelagert. Von hier aus gelangten sie über die Nahrung in den menschlichen Körper.

Gemäß einem Abkommen zum Stopp der Atombombentests in der Atmosphäre, im Weltraum und im Wasser im Jahr 1963 zwischen der ehemaligen Sowjetunion, den USA und dem Vereinigten Königreich (Frankreich und China unterzeichneten den Vertrag nicht und führten bis 1974 bzw. 1980 weiterhin atmosphärische Atombombentests durch) wurden von den Unterzeichnerstaaten keine weiteren Tests in der Atmosphäre mehr durchgeführt. Dies führte in den Folgejahren zu einer deutlichen Abnahme der Strahlenbelastung.

Zusätzliche Strahlenbelastung durch die Kernwaffentests

Die gesamte zusätzliche Strahlenbelastung (Lebenszeitdosis) durch atmosphärische Kernwaffentests für eine Person auf der Nordhalbkugel der Erde wird mit durchschnittlich etwa 4,4 Millisievert abgeschätzt. Die höchste zusätzliche Strahlenbelastung aufgrund des Fallouts der oberirdischen Kernwaffentests trat in den Jahren 1963 bis etwa 1967 auf.

In Deutschland ergaben sich als Maximalwerte für die zusätzliche Strahlenbelastung durch inkorporiertes (in den Körper aufgenommenes) Cäsium-137 in den Jahren 1964 bis 1966 zwischen 0,20 und 0,28 Millisievert pro Jahr (gemittelt über eine Referenzgruppe von jeweils 30 männlichen Personen, siehe Abbildung).

Durch Untersuchungen an Knochen wurden für Strontium-90 für diesen Zeitraum maximale Organdosen im Knochen von bis zu 2,4 Millisievert pro Jahr ermittelt.

Die wenigen Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen der Kernwaffentests zeigen keine negativen Folgen

Zu den möglichen Auswirkungen der oberirdischen Kernwaffentests gibt es kaum epidemiologische Untersuchungen. In einer Studie  aus dem Jahr 2010 wurde untersucht, ob sich bei der Leukämie im Kindesalter ein signifikanter Effekt der erhöhten Strahlenbelastung aufgrund der Kernwaffentests feststellen lässt. Dies war nicht der Fall.

Insbesondere zeigten sich auch keine Unterschiede zwischen der südlichen und der nördlichen Erdhalbkugel. Auf der nördlichen Erdhalbkugel war die zusätzliche Strahlenbelastung höher als auf der südlichen Erdhalbkugel, demnach hätte am ehesten auf der nördlichen Erdhalbkugel ein erhöhtes Erkrankungsrisiko zu beobachten sein müssen.

Da der sich in der Entwicklung befindliche kindliche Organismus besonders empfindlich gegenüber einer Strahlenbelastung ist, ist dieses Ergebnis ein Hinweis darauf, dass auch bei Erwachsenen, die sich nicht in unmittelbarer Nähe der Testgelände aufhielten, keine gesundheitlichen Folgen der Kernwaffentests nachweisbar sein werden.

Reaktorunfall von Tschernobyl

Nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl wurden radioaktive Spaltprodukte über die Luft in weite Teile Europas und damit auch nach Deutschland verfrachtet. Dies waren vor allem die radioaktiven Stoffe Jod-131, Cäsium-134 und Cäsium-137. Strontium-90 wurde in Deutschland praktisch nicht festgestellt.

Zusätzliche Strahlenbelastung durch den Unfall von Tschernobyl

Die höchste zusätzliche Strahlenbelastung durch den Reaktorunfall von Tschernobyl betrug im ersten Jahr nach der Katastrophe in Deutschland nördlich der Donau etwa 0,1 Millisievert pro Jahr, südlich der Donau 0,3 Millisievert pro Jahr.

Epidemiologische Studien zum Krankheitsrisiko durch den Unfall von Tschernobyl

Nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl wurden viele epidemiologische Studien durchgeführt mit dem Ziel, ein möglicherweise erhöhtes Krankheitsrisiko aufgrund der zusätzlichen Strahlenbelastung nachzuweisen (siehe auch Broschüre "Der Reaktorunfall 1986 in Tschernobyl").

  • Bei den Beschäftigten und Einsatzkräften, die an den Aufräumarbeiten beteiligt waren und eine relativ hohe Strahlendosis erhalten hatten, wurden teilweise massive gesundheitliche Folgen beobachtet.
  • Bei Personen, die als Kinder und Jugendliche in den am stärksten durch radioaktive Stoffe belasteten Gebieten (Ukraine, die Russische Föderation und Weißrussland) einer Belastung mit Jod-131 ausgesetzt waren, war ein deutlicher Anstieg der Erkrankungen an Schilddrüsenkrebs zu beobachten. Ein erhöhtes Risiko tritt auch heute noch in dieser Personengruppe auf.
  • Für andere Krebs- und Leukämieerkrankungen in diesen Regionen liegen bisher keine belastbaren Daten hinsichtlich eines erhöhten Risikos vor. Es gibt allerdings Hinweise auf ein erhöhtes Leukämierisiko bei den Einsatzkräften und Aufräumarbeitern sowie ein erhöhtes Brustkrebsrisiko bei Frauen in der Ukraine, die erhöhten Strahlenbelastungen ausgesetzt waren.

Für Deutschland gibt es bisher keinen Nachweis, dass durch die erhöhte Strahlenbelastung aufgrund des Reaktorunfalls von Tschernobyl negative gesundheitliche Effekte verursacht wurden. Insbesondere gibt es in Deutschland keine Hinweise für ein vermehrtes Auftreten von Schilddrüsenkrebs bei Kindern.

Es zeigen sich in einzelnen Studien zwar entsprechende Hinweise zur Säuglingssterblichkeit, zur Häufigkeit von Fehlbildungen und von Tumoren bei Kindern oder Erwachsenen. Diese Studien haben aber methodische Schwächen, so dass die Ergebnisse nicht als Nachweis für einen Zusammenhang zwischen Strahlenbelastung und diesen gesundheitlichen Wirkungen zu bewerten sind.

Nach der überwiegenden Meinung von Experten sind zusätzliche strahlenbedingte Krebsfälle und andere Erkrankungen durch Tschernobyl zwar denkbar. Vor dem Hintergrund der so genannten spontanen Krebshäufigkeit bzw. der spontanen Raten für andere Erkrankungen einerseits und der in Deutschland vorhandenen natürlichen Strahlenbelastung von 2 bis 3 Millisievert im Jahr andererseits sowie der je nach Erkrankung unterschiedlichen Wirkmechanismen von Strahlung werden sie sich aber mit bestehenden wissenschaftlichen Mitteln praktisch nicht nachweisen lassen.

Deutlich niedrigere Strahlenbelastung durch den Unfall in Japan

Der erste Nachweis radioaktiver Stoffe aus dem Reaktorunfall in Japan, die über die Atmosphäre nach Deutschland getragen wurden, erfolgte rund zwei Wochen nach Unfallbeginn. Mit der Messung vom 25. März 2011 wurde von der BfS-Messstation auf dem Schauinsland erstmals Jod-131 gemessen, das auf den Unfall in Japan zurückzuführen war.

Wegen der sehr großen Entfernung gelangte nur eine sehr geringe Menge an radioaktiven Stoffen nach Deutschland. Dies entspricht nur einem Bruchteil der Menge, die in der Vergangenheit aufgrund der Atomwaffentests und des Unfalls in Tschernobyl  durch die Luft nach Deutschland getragen wurden.

Langfristig keine gesundheitlichen Folgen des Unfalls in Japan für Deutschland zu erwarten

Da die in Deutschland aufgetretene Strahlenbelastung durch den Unfall in Japan weit unter der Belastung durch die Atomwaffentests und den Unfall in Tschernobyl blieb, werden auch langfristig für Deutschland keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen erwartet.

Stand: 05.07.2018

Wie bewerten Sie diesen Artikel?

© Bundesamt für Strahlenschutz