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Ionisierende Strahlung

Umweltradioaktivität - Medizin - Beruflicher Strahlenschutz - Nuklear-spezifische Gefahrenabwehr

Ionisierende Strahlung

Umweltfolgen des Unfalls von Fukushima: Die radiologische Situation in Japan

  • Nach dem Reaktorunfall in Fukushima kontaminierten freigesetzte Radionuklide die Umwelt.
  • Für die Strahlenbelastung waren in den ersten Tagen und Wochen nach dem Unfall die kurzlebigen radioaktiven Isotope von Jod und Tellur sowie längerfristig vor allem die Radionuklide des Elements Cäsium (Cäsium-134 und Cäsium-137) von Bedeutung.
  • Eine Karte zeigt die Verbreitung von auf dem Boden abgelagertem Cäsium-137. Aufgrund des radioaktiven Zerfalls der Radionuklide und behördlicher Dekontaminationsmaßnahmen nehmen die Dosiswerte kontinuierlich ab.
  • Die japanischen Behörden wollen erreichen, dass die mögliche zusätzliche Dosis durch abgelagerte radioaktive Partikel nicht mehr als 1 Millisievert pro Jahr beträgt.

Die infolge des Reaktorunfalls in Fukushima in die Atmosphäre freigesetzten radioaktiven Stoffe (Radionuklide) wurden mit dem Wind lokal, regional und global verbreitet und weltweit in den Meeren und auf der Erdoberfläche verteilt. Wohin die radioaktiven Stoffe gelangten, hing wesentlich vom Zeitpunkt der Freisetzung und von den damals herrschenden Wetterbedingungen wie Wind und Niederschlägen ab.

Strahlenbelastungen für den Menschen entstanden

  • in den ersten Wochen nach dem Unfall durch das Einatmen und die äußere Bestrahlung durch die in der Luft befindlichen radioaktiven Stoffe,
  • später nur noch durch die auf den Boden deponierten Radionuklide und durch die Aufnahme von Radionukliden über die Nahrung.

Relevante radioaktive Stoffe

Für die Strahlenbelastung waren und sind folgende radioaktive Stoffe von besonderer Bedeutung:

Verbreitung von auf dem Boden abgelagertem Cäsium-137

Auf dem Boden abgelagertes Cäsium-137 in Kilobecquerel pro Quadratmeter, basierend auf Anfang November 2011 durchgeführten Hubschrauber-Messungen Cäsium-137 auf dem BodenAuf dem Boden abgelagertes Cäsium-137 in Kilobecquerel pro Quadratmeter, basierend auf Anfang November 2011 durchgeführten Hubschrauber-Messungen Quelle: Japanisches Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie, METI

Die nebenstehende Karte zeigt die Verbreitung von auf dem Boden abgelagertem Cäsium-137. Die der Karte zugrundeliegenden Daten wurden Anfang November 2011 bei Hubschrauber-Messungen erhoben.

Eine Bodenkontamination von 1.000 Kilobecquerel pro Quadratmeter von Cäsium-137 (gelber Bereich) entspricht dabei einer Strahlenbelastung von ungefähr

Bei diesen Werten werden die Beiträge anderer Radionuklide, der durchschnittliche Aufenthalt im Freien und die Abnahme der jährlichen Dosen berücksichtigt.

Aufgrund des radioaktiven Zerfalls der Radionuklide und behördlicher Dekontaminationsmaßnahmen nehmen die Dosiswerte kontinuierlich ab.

Strahlenbelastung der Bevölkerung

Dosiswerte in JapanEinklappen / Ausklappen

Auf der Grundlage der auf dem Boden abgelagerten Radionuklide schätzte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die die durch den Unfall verursachten künstlichen Strahlenbelastungen der Bevölkerung ab. Sie betrugen im ersten Jahr nach dem Unfall

  • in hoch belasteten Gebieten zwischen 10 und 50 Millisievert (mSv) effektive Dosis. Davon betroffen waren die Sperrzone im Umkreis von 20 Kilometern um den Reaktor sowie ein Gebietsstreifen, der sich bis in eine Entfernung von circa 45 Kilometern vom Reaktor aus in nordwestliche Richtung erstreckte (in diesen Gebieten wurde die Bevölkerung evakuiert). Dazu kamen circa 10 bis 100 mSv Schilddrüsendosis für Kinder und Erwachsene (an einem Ort bis zu 200 mSv für Kinder),
  • in anderen höher belasteten Gebieten im Osten der Präfektur Fukushima zwischen 1 und 10 mSv effektive Dosis (zum Beispiel in der Stadt Fukushima-City),
  • in allen anderen Landesteilen Japans, zum Beispiel in Tokyo, bis zu 1 mSv (0,1 bis 1 mSv) effektive Dosis.

Diese Berechnungen berücksichtigen auch, dass im ersten Jahr nach dem Unfall kontaminierte Nahrung verzehrt wurde.

Abschätzung der individuellen Strahlenbelastung in der Präfektur FukushimaEinklappen / Ausklappen

Eine groß angelegte Studie begann im September 2011 in der Präfektur Fukushima. Sie diente der Abschätzung der individuellen Strahlenbelastung aller Einwohner in den ersten 4 Monaten nach dem Unfall. Dazu wurden circa 2 Millionen Einwohner zu ihren Aufenthaltsorten und Aufenthaltszeiten während und nach dem Unfall befragt. So konnte für etwa 350.000 Einwohner die externe Strahlenbelastung abgeschätzt werden. Nicht berücksichtigt wurde die Aufnahme radioaktiver Stoffe über Nahrung und Atmung. Bei 95 Prozent der Personen lag die Strahlenbelastung unter 2 Millisievert, bei weiteren knapp 5 Prozent zwischen 2 und 10 Millisievert und bei circa 120 Personen zwischen 10 und 25 Millisievert.

Seither gehen die jährlichen Dosiswerte deutlich zurück. Dies ist bedingt durch

  • den radioaktiven Zerfall der abgelagerten Radionuklide,
  • durch das Eindringen der Radionuklide in tiefere Bodenschichten (dadurch verringert sich die Strahlenbelastung an der Oberfläche) sowie
  • das Abwittern von Radionukliden von Oberflächen wie etwa Hausdächern oder Straßen.

Dekontamination radioaktiv belasteter Gebiete nach dem Unfall in Fukushima

Dekontaminiationsgebiete DekontaminationsgebieteDekontaminiationsgebiete: In gelb - Gebiete mit einer äußeren Strahlung von einem bis 20 Millisievert pro Jahr, die sogenannte "Intensive Contamination Survey Area"; in rot - evakuierte Gebiete, größtenteils mit einer äußeren Strahlung von mehr als 20 Millisievert im ersten Jahr nach dem Unfall, die sogenannten "Special Decontamination Areas". Quelle: Japanisches Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie, METI

Im März 2011 mussten ungefähr 160.000 Menschen ihre Häuser aufgrund der hohen Strahlung bis zu einem Radius von bis zu 40 Kilometern um das Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi verlassen. Die japanischen Behörden unternehmen seither enorme Anstrengungen zur Dekontamination. Langsam kann die die evakuierte Bevölkerung wieder in ihre Gemeinden und Häuser zurückkehren.

Die Dekontaminationsmaßnahmen orientieren sich an der Höhe der äußeren Strahlung. Am 1. Januar 2012 trat in Japan ein Gesetz zur radioaktiven Dekontamination in Kraft, das sogenannte "Act on Special Measures Concerning the Handling of Radioactive Pollution".

Roadmap zur Dekontamination

Hierzu veröffentlichte das japanische Umweltministerium einen Plan (Roadmap) zur Dekontamination von Gebieten, in denen die äußere Strahlung den Wert von 0,23 Mikrosievert pro Stunde übersteigt. Dieser Wert führt zu einer zusätzlichen Dosis von 1 Millisievert pro Jahr. Davon waren über hundert Gemeinden in acht Präfekturen betroffen.

Die japanischen Behörden wollen erreichen, dass die mögliche zusätzliche Dosis durch künstlich abgelagerte radioaktive Partikel nicht mehr als 1 Millisievert pro Jahr beträgt (zum Vergleich: Ein Mensch in Deutschland erhält ebenfalls ungefähr eine Dosis von 1 Millisievert durch natürliche äußere Strahlung in einem Jahr).

Dekontaminationsmaßnahmen

Dekontamination von Gebieten in der Umgebung von Fukushima mit weniger als 20 Millisievert pro JahrEinklappen / Ausklappen

Für die Dekontamination in den sogenannten "Intensive Contamination Survey Areas" (dies sind die Gebiete, die eine äußere Strahlung von einem Millisievert bis zu 20 Millisievert pro Jahr aufweisen), sind die örtlichen Verwaltungen zuständig. Sie werden finanziell und technisch durch die japanische Regierung unterstützt. Mittlerweile sind große Teile dieser Gebiete dekontaminiert.

Dekontamination von Gebieten mit mehr als 20 Millisievert pro JahrEinklappen / Ausklappen

Alle Gebiete mit mehr als 20 mSv pro Jahr externer Strahlung, die sogenannten "Special Decontamination Areas", werden unter der Federführung der japanischen Regierung dekontaminiert. Vorrangiges Ziel ist es, die jährliche Dosis unter 20 mSv pro Jahr abzusenken. Sobald dieser Wert erreicht ist, dürfen die evakuierten Bewohner wieder in ihre Häuser zurückkehren.

In vielen Gemeinden sind die Dekontaminationsarbeiten abgeschlossen; zum Beispiel in Tamura City im Juni 2013 und in Naraha mit ehemals mehr als 7000 Einwohnern im März 2014. Im Frühjahr 2017 hoben in die Behörden auch für Namie und Minamisoma Evakuierungsempfehlungen auf.

Im Februar 2014 wurde die teilweise gesperrte Strecke des Joban-Expressways wieder für den Verkehr freigegeben. Diese wichtige Autobahn im Norden Japans führt nur wenige Kilometer am Kraftwerk vorbei. Sie war nach April 2011 nur noch mit behördlicher Genehmigung befahrbar.

Allerdings kommen im Wesentlichen nur die älteren Bewohner wieder nach Hause zurück. Insbesondere junge Familien mit Kindern verbleiben in ihrer neuen Heimat. Gründe sind zum Teil die über dem natürlichen Niveau liegende radioaktive Strahlung, die nach Erdbeben und Tsunami fehlenden Arbeitsplätze und immer noch nicht vollständig wieder hergestellte Infrastruktur.

Gebiete mit mehr als 50 Millisievert pro JahrEinklappen / Ausklappen

Gebiete mit über 50 mSv jährlicher Dosis, die hauptsächlich in einem Umkreis von 20 Kilometern um das havarierte Kernkraftwerk liegen, wurden zum Sperrgebiet erklärt. Sie dürfen nur mit Sondergenehmigung und in Schutzkleidung und mit Dosimeter betreten werden. Eine Rückkehr der Bevölkerung wird voraussichtlich auf lange Sicht nicht möglich sein. Hier lebten vor dem Unfall im Kernkraftwerk Fukushima etwa 25.000 Menschen.

Zwischenlagerung von kontaminiertem Boden und organischen Abfällen

Die Reinigung der Straßen, die Dekontamination von Gebäuden und Dächern oder Obstbäumen erfolgt zum Beispiel mit Hochdruckreinigern oder in Handarbeit. Oberboden wird abgetragen und Laub eingesammelt.

Riesige Mengen kontaminierter Erde, darunter Waldböden und landwirtschaftlich genutzte Flächen sowie organische Abfälle wie Laub und Äste werden in Plastiksäcken vor Ort zwischengelagert. Die Planungen für eine längerfristige Lagerung laufen erst an.

Nahrungsmittelhöchstwerte und Strahlenbelastung

Zur Beschränkung der Strahlenbelastung durch den Verzehr von kontaminierten Nahrungsmitteln führte Japan Höchstwerte ein. Die Europäische Union übernahm diese Werte für Importe aus Japan. So dürfen Nahrungsmittel mit Konzentrationen größer als 100 Becquerel pro Kilogramm Cäsium-134/137 nicht vermarktet werden.

Seit dem Unfall werden in Japan Lebensmittel im Handel überwacht. Produkte werden aus dem Verkehr gezogen, wenn die zulässigen Höchstwerte überschritten werden.

Kaum noch Überschreitungen der Höchstwerte

Japan veröffentliche bisher Hunderttausende Radionklid-Messungen von über 500 verschiedenen Lebensmitteln aus allen japanischen Präfekturen. Kurz nach dem Unfall zu Beginn der Überwachung überschritten etwa 1 Prozent der Proben die Höchstwerte. Inzwischen kommt es nur noch selten zu Überschreitungen.

Ein neues Problem sind hochkontaminierte Wildschweine. Diese haben sich in der Sperrzone stark vermehrt und ernähren sich zum Beispiel von kontaminierten Waldpilzen.

Strahlenbelastung durch kontaminierte Nahrung

Die Weltgesundheitsorganisation schätzte die Dosis durch kontaminierte Nahrung aufgrund der Messergebnisse in der Präfektur Fukushima und unter Annahme typischer Essgewohnheiten für die japanische Bevölkerung. Sie betrug im ersten Jahr nach dem Unfall weniger als 1 Millisievert und im zweiten Jahr weniger als 0,1 Millisievert.

Aufgrund der geringen Mengen kontaminierter Nahrungsmittel und dem Rückgang der Kontaminationswerte nimmt die zusätzliche Dosis weiter ab. (Zum Vergleich: In Deutschland nehmen wir im Jahresdurchschnitt etwa 0,3 Millisievert über natürliche Radionuklide mit der Nahrung auf.)

Stand: 07.03.2018

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