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Ionisierende Strahlung

Umweltradioaktivität - Medizin - Beruflicher Strahlenschutz - Nuklear-spezifische Gefahrenabwehr

Ionisierende Strahlung

Atmosphärisches Radionuklid-Transport-Modell (ARTM) mit Dosismodul (DARTM)

  • Das Ausbreitungsmodell ARTM mit Dosismodul DARTM wird für die Berechnung der Strahlenbelastung der Bevölkerung in der Umgebung kerntechnischer Anlagen eingesetzt.
  • Notwendige Eingabeparameter für ARTM stellen dabei Zeitreihen meteorologischer Messungen sowie die Ableitungsdaten an radioaktiven Stoffen über den Fortluftkamin dar.
  • Die anhand der Aktivitätsableitungen verursachte zusätzliche Strahlenbelastung für die Bevölkerung ist seit 1974 jährlich an das Parlament zu berichten.

Abbildung zeigt die jährliche Luftaktivität Cäsium-137 ARTM-Modell: Bodennahe Luftaktivität Cäsium-137 jährlichMit ARTM berechnete mittlere bodennahe Luftaktivität bei einer konstanten jährlichen Ableitung von einem Becquerel pro Sekunde Cäsium-137 in Emissionshöhe 160 Meter

Das Atmosphärische Radionuklid-Transport-Modell, kurz ARTM, wird im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) und des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) entwickelt. Zusammen mit dem Dosismodul DARTM wird es für die Berechnung der Strahlenbelastung der Bevölkerung in der Umgebung kerntechnischer Anlagen im bestimmungsgemäßen Betrieb eingesetzt und kontinuierlich an den Stand von Wissenschaft und Technik angepasst.

Notwendige Eingabeparameter für ARTM stellen dabei

  • Zeitreihen meteorologischer Messungen am Standort der jeweiligen kerntechnischen Anlage sowie
  • Messdaten zu den über den Fortluftkamin abgeleiteten radioaktiven Stoffen

dar. Die anhand der Aktivitätsableitungen verursachte zusätzliche Strahlenbelastung für die Bevölkerung ist seit einem Bundestagsbeschluss aus dem Jahr 1974 jährlich an das Parlament zu berichten.

Ausbreitungsmodell ARTM

Im Rahmen einer Überarbeitung der aktuell gültigen Berechnungsgrundlagen in Richtung auf eine neu konzipierte Berechnungsvorschrift ist geplant, das derzeit eingesetzte Gauß-Fahnenmodell durch das in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) vom 24. Juli 2002 eingesetzte fortschrittliche Lagrangesche Partikelmodell zu ersetzen.

Hierzu wurde das für die Ausbreitung konventioneller Luftbeimengungen konzipierte Programmpaket AUSTAL2000 für die Ausbreitung luftgetragener radioaktiver Stoffe angepasst und weiterentwickelt (ARTM).

LeistungsumfangEinklappen / Ausklappen

Das auf der TA Luft und dem Programmpaket AUSTAL2000 aufbauende Programmsystem ARTM zur Berechnung der Ausbreitung und der Deposition freigesetzter luftgetragener radioaktiver Stoffe repräsentiert den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik (VDI-RL 3945, Blatt 3 und VDI-RL 3783, Blatt 8).

Eine einheitliche Vorgehensweise bei konventionellen (AUSTAL2000) und radioökologischen (ARTM-DARTM) Anwendungen bietet eine hohe Rechtssicherheit für den Anwender.

Die Simulation der atmosphärischen Ausbreitung und Deposition mit einem fortschrittlichen Lagrangeschen Partikelmodell (in Kombination mit einem Strömungsmodell und einer Turbulenzparametrisierung) für genehmigungsrechtliche und retrospektive Anwendungen gewährleistet gegenüber dem bisher verwendeten klassischen Gauß-Fahnenmodell eine flexiblere und realitätsnähere Modellierung.

Funktionalität von ARTMEinklappen / Ausklappen

  • Meteorologische Verhältnisse mit einer Zeitreihe aus Stundenmittelwerten oder einer vierdimensionalen Ausbreitungsstatistik (Windrichtung, Windgeschwindigkeit, Ausbreitungsklasse, Niederschlagsintensität)
  • Orografisch strukturiertes Gelände und Gebäude mit einem vorgeschalteten Windfeldmodell
  • Berechnung und Berücksichtigung der wetterabhängigen Schornsteinüberhöhung
  • Ungleichmäßige Emissionen auf Stundenbasis
  • Mehrere Quellen, bodennahe Quellen, Punktquellen, Linienquellen, Volumenquellen, Flächenquellen
  • Variables Rechengitter, genestete Gitter
  • Trockene und nasse Deposition
  • Grafische Ausgabe der Konzentration, Deposition und Zeitreihen an Punkten
  • Editierung von Modellparametern

Zusätzliche Funktionen von ARTM gegenüber AUSTAL2000Einklappen / Ausklappen

  • Gammasubmersion (Strahlung aus der Wolke)
  • Nasse Deposition
  • Variable Turbulenzparametrisierung (Grenzschichtmodell)
  • Radioaktiver Zerfall während der Ausbreitung
  • Bildung von Tochternukliden bei Radon-222 (Postprozessor)
  • Auswahl unter ca. 800 Radionukliden
  • Berücksichtigung spezieller Eigenschaften einiger "Sondernuklide"
  • Export der Ergebnisse für Felddarstellungen in Geobrowsern (kml-Export)
  • Zusatzprogramm zur Bearbeitung der Ausgabedateien (zum Beispiel Festlegung von Ausschlussflächen)
  • Spezielle Benutzeroberfläche für Steuerung und grafische Ausgaben
  • Des Weiteren wurden Schnittstellen zu den bestehenden Berechnungsgrundlagen

    realisiert. Damit sind Dosisberechnungen nicht einbezogen; vielmehr endet die Ausbreitungsrechnung mit der Schnittstelle zum Dosisteil der Berechnungsgrundlagen. Dies ermöglicht auch die Dosisberechnung mit alternativen Dosismodellen außerhalb der Berechnungsgrundlagen von AVV und SBG.

  • Die Entwicklung von ARTM, einschließlich Verifizierung und Validierung, wurde im Rahmen von Forschungsvorhaben realisiert. Nach Abschluss des ersten Vorhabens fand eine umfangreiche Testphase mit Beteiligung von Anwendern aus verschiedenen Institutionen statt, deren Ergebnisse in einem weiteren Folgevorhaben Eingang fanden.

Weitere EntwicklungEinklappen / Ausklappen

ARTM wird seit 2016 weiterentwickelt. Als wesentliche Schwerpunkte sind geplant:

  • Prüfung von Eingangsdaten (Fehler in Zeitreihen) zur Vermeidung von Programmabbrüchen.
  • Verbesserte Windfelderstellung (Divergenzprobleme durch Orografie)
  • Anwendung von prognostischem Windfeldmodell für Stadtgebiete
  • Möglichkeit der Vorgabe von Grenzschichtparametern.
  • Zahlreiche technische Verbesserungen (Rechenzeit, Ablauf, Sicherheit, Dialog, Parallelisierung).
  • Umfangreichere Dokumentation der Programmbedienung.
  • Verbesserung der Ausgaben des Radon-Postprozessors.
  • Praxistests, Workshops, Support, Internetauftritt.

Dosismodul DARTM

Die aktuelle Version des im BfS entwickelten Dosisprogramms DARTM ist frei verfügbar. Allerdings kann DARTM nur in Kombination mit dem atmosphärischen Ausbreitungsmodell ARTM eingesetzt werden, da DARTM Eingabedateien und Ergebnisdateien aus ARTM-Rechnungen verwendet.

Mit DARTM wird die Strahlenexposition nach AVV zu Paragraph 47 der Strahlenschutzverordnung aufgrund radioaktiver Ableitungen über Luft für Referenzpersonen bestimmt. Berechnet werden sowohl die einzelnen Organdosen als auch die Effektivdosis für Referenzpersonen für einen Zeitraum von einem Jahr.

DARTM wurde von unabhängigen Gutachtern im Rahmen eines Forschungsvorhabens verifiziert. Das Vorhaben ist seit Mitte 2016 abgeschlossen, die Ergebnisse daraus sind überwiegend umgesetzt und in der aktuellen Version berücksichtigt. Die Verifizierung ermöglicht den Einsatz von DARTM auch für behördliche Zwecke.

Rechtliche Hinweise zur bereitgestellten Software

  • Das BfS stellt die aktuelle Version von ARTM mit GO-ARTM und DARTM zum Download bereit.
  • Soweit rechtlich zulässig haftet das BfS nicht für etwaige Schäden, die beim Aufrufen oder herunterladen von Daten durch Computerviren oder der Installation oder der Nutzung von Software verursacht wird. Im Übrigen wird auf das Impressum verwiesen.
  • Das BfS übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit der durch DARTM ermittelten Werte.
  • Die Verifizierung von DARTM im Rahmen eines Forschungsvorhabens ist seit Mitte 2016 abgeschlossen. Bitte keine älteren Versionen als die aktuelle verwenden.

Fachlicher Hintergrund

Berechnung der Strahlenexposition (Dosis)

Die mit der Fortluft und dem Abwasser aus Kernkraftwerken abgeleiteten radioaktiven Stoffe tragen zur Strahlenexposition der Bevölkerung bei. Daher müssen diese radioaktiven Stoffe durch die Betreiber nach Art und Aktivität ermittelt und bilanziert werden. Aus den bilanzierten Ableitungen kann dann die Strahlenexposition in der Umgebung einer kerntechnischen Anlage für die in der Strahlenschutzverordnung definierte sogenannte "Referenzperson" berechnet werden.

Diese fiktive Person verhält sich hinsichtlich ihrer Aufenthaltszeiten und Verzehrgewohnheiten äußerst "konservativ", das heißt alle Annahmen sind so ausgewählt, dass daraus eine höchstmögliche Strahlenexposition resultiert. Zur Berechnung der Strahlenexposition dieser Referenzperson werden die Emissionsdaten der betrachteten kerntechnischen Anlage mit

  • einem Ausbreitungsmodell (zum Beispiel ARTM in der Luft) und
  • einem radioökologischen Modell (auch Dosismodell genannt)

berechnet. Das erstere modelliert die Transportprozesse von Radionukliden in der Luft von der Kaminmündung einer kerntechnischen Anlage. An diese Berechnung der Konzentrationen von radioaktiven Stoffen in den verschiedenen Umweltmedien schließt sich ein Dosismodul (zum Beispiel DARTM) an, mit dem die Strahlenexposition der Bevölkerung ermittelt werden kann.

Die Berechnung der Strahlenexposition erfolgt anschließend anhand eines separaten Dosismoduls, in das die mit dem Ausbreitungsprogramm ARTM berechneten Konzentrationen und Depositionen der jeweiligen Radionuklide eingehen. Diese modulare Struktur von Ausbreitungs- und Dosismodul bringt mehrere Vorteile. So ist es beispielsweise möglich, im Zuge der Novellierung von Berechnungsgrundlagen die entsprechenden Softwarepakete separat zu überarbeiten oder auch alternative Dosismodule zu integrieren.

Ausbreitungsrechnungen: Lagrangesches Partikelmodell

ARTM ist ein sogenanntes Lagrangesches Partikelmodell. Im Gegensatz zu dem bisher verwendeten Gauß-Fahnenmodell berücksichtigt dieses Modell den zeitlichen Ablauf des Wetters.

Bei ARTM wird zunächst das dreidimensionale zeitabhängige Windfeld erstellt. Dieses Windfeld kann auch bei Bedarf Orographie und Bebauung berücksichtigen.

Nach Erstellung der Windfelder werden je Zeitschritt Millionen Teilchen - wobei jedes Teilchen einen proportionalen Bruchteil der Fortluftmenge repräsentiert - numerisch auf das zeitabhängige Windfeld nachverfolgt und statistisch ausgewertet. Damit werden dreidimensionale Aktivitätskonzentrationsfelder sowie zweidimensionale trockene und nasse Depositionsfelder bereitgestellt.

Ein Lagrangesches Partikelmodell bietet in der Regel eine realitätsnähere Abbildung der Konzentrationsverteilung als ein Gauß-Fahnenmodell:

  • Es berücksichtigt Gebäude und komplexe Gelände.
  • Zeitabhängige Ausbreitung: Bei Windrichtung-Wechsel werden auftretende „krumme“ Trajektorien erfasst.
  • Komplexe Ausbreitungsstrukturen können bestimmt werden.
  • Nasse und trockene Depositionen werden berechnet.
  • Die Gammasubmersion wird je Zeitschritt anhand der Form und Ort der Wolke (3D-Konzentrationsverteilung) bestimmt.
Stand: 19.07.2018

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