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Das Strahlenschutzgesetz

Neue Grundlage für den Strahlenschutz und die Arbeit des BfS

Strahlenschutzgesetz

Umfassenden Schutz vor schädlicher Strahlung in der Medizin, Schutz vor Radon in Wohnungen und bessere Vorsorge für den Notfall – das sind zentrale Bereiche des neuen Strahlenschutzgesetzes, das am 12. Mai 2017 beschlossen worden ist. Die Neuregelung spiegelt die wachsende Bedeutung des Strahlenschutzes in vielen Lebensbereichen wider: Das Gesetz schafft klare Strukturen und bildet den aktuellen Stand der Wissenschaft ab. Damit wird auch eine neue Grundlage für den Strahlenschutz und die Arbeit des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) geschaffen.

Neue Kompetenzen für das BfS

Das BfS erhält zahlreiche neue Kompetenzen, beispielsweise bei der Bewertung neuer medizinischer Verfahren. Damit wird auch die Rolle des BfS als Schutzbehörde für Patientinnen und Patienten gestärkt. Das zeigt sich auch in zahlreichen Regelungen, für die sich das BfS schon in der Vergangenheit stark gemacht hat. Dazu zählen unter anderem Vorgaben zum natürlich vorkommenden Edelgas Radon, zur Radioaktivität in Baustoffen sowie zur Rechtfertigung neuer medizinischer Anwendungen. Und auch im Notfallschutz gewinnt das BfS an Bedeutung: Zuständigkeiten sollen gebündelt und Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung besser abgestimmt werden.

Das Gesetz gliedert sich neben allgemeinen Regelungen in vier Hauptteile:

  1. Strahlenschutz bei geplanten Expositionssituationen

    Ein wesentlicher Bereich ist "Strahlenschutz bei geplanten Expositionssituationen", zu dem Regelungen zur Früherkennung von Krankheiten mittels radiologischer Verfahren sowie ein Informations- und Meldesystem bei Vorkommnissen im medizinischen Bereich gehören.

  2. Strahlenschutz bei Notfallexpositionssituationen

    Regelungen zum Notfallschutz und die Einrichtung eines radiologischen Lagezentrums, für dessen operationelle Umsetzung das Bundesamt für Strahlenschutz in wesentlichen Teilen zuständig sein wird, finden sich im Teil "Strahlenschutz bei Notfallexpositionssituationen".

  3. Strahlenschutz bei bestehenden Expositionssituationen

    Vorgaben zum Umgang mit Radon sowie Regelungen zu radioaktiven Altlasten und zu Radioaktivität in Bauprodukten sind im Teil "Strahlenschutz bei bestehenden Expositionssituationen" geregelt.

  4. Expositionsübergreifende Vorschriften

    Im Bereich "Expositionsübergreifende Vorschriften" sind unter anderem Vorgaben zum Strahlenschutzregister zusammengefasst, mit denen im Strahlenschutz Beschäftigte besser geschützt werden sollen.

Gesetz setzt EU-Richtlinie in nationales Recht um

Die Neuregelung geht auf eine EU-Richtlinie zurück und fasst Vorgaben aus der Strahlenschutzverordnung, der Röntgenverordnung und dem Strahlenschutzvorsorgegesetz zusammen. Die Notfallschutzbestimmungen werden bereits 2017, drei Monate nach der Verkündung des Strahlenschutzgesetzes, in Kraft treten. Zu den anderen Neuregelungen werden ganz überwiegend bis Ende 2018 neue Rechtsverordnungen erarbeitet, die die gesetzlichen Bestimmungen konkretisieren. Das BfS als Strahlenschutz-Fachbehörde ist in diesen Erarbeitungsprozess eng eingebunden.

Bewertungsverfahren RechtfertigungEinklappen / Ausklappen

Neue Verfahren, bei denen Mensch und Umwelt Strahlung ausgesetzt sein könnten, müssen künftig das Bewertungsverfahren der Rechtfertigung durchlaufen. Dazu gehören medizinische Anwendungen ionisierender Strahlung zum Beispiel in der medizinischen Diagnostik, aber auch der Einsatz von radioaktiven Stoffen in Konsumgütern, wie zum Beispiel bei Leuchtziffern in Uhren. Dabei soll ihr wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder anderweitiger Nutzen abgewogen werden mit einer möglicherweise einhergehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung.

Innerhalb von zwölf Monaten prüft das Bundesamt für Strahlenschutz, ob der Nutzen das Risiko überwiegt oder ob man den gleichen Nutzen auch mit einem Verfahren ohne ionisierende Strahlung erreichen könnte.

FrüherkennungEinklappen / Ausklappen

zwei Mammographie-Aufnahmen nebeneinander Röntgen-Mammographie (Screening)Röntgen-Mammographieaufnahme Quelle: Dr. med. H. Junkermann

Derzeit ist die Mammographie-Untersuchung zur Früherkennung von Brustkrebs bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren die einzige Reihenuntersuchung zur Früherkennung in Deutschland, bei der Röntgenstrahlung eingesetzt wird.

Nach dem neuen Strahlenschutzgesetz sollen künftig auch individuelle Früherkennungsmaßnahmen zugelassen werden können. Dazu könnten unter anderem Verfahren zur Früherkennung von Lungenkrebs bei Rauchern, verengten Herzkranzgefäßen oder von Darmpolypen und Darmkrebs gehören.

Dabei werden jedoch hohe Anforderungen an die Rechtfertigung und die Umsetzung gestellt: Grundsätzlich steht der diagnostische und therapeutische Nutzen der Patientinnen und Patienten im Vordergrund.

Das Bundesamt für Strahlenschutz wird daher künftig Früherkennungsuntersuchungen daraufhin wissenschaftlich bewerten, ob der Nutzen einer solchen Untersuchung das Risiko überwiegt. Darüber hinaus muss diese Abwägung auch in jedem Einzelfall durch den zuständigen Arzt erfolgen.

Meldesystem zum Schutz der Gesundheit von PatientenEinklappen / Ausklappen

Äskulap-Stab

Durch die zunehmende Anwendung ionisierender Strahlung und radioaktiver Stoffe in der Medizin steigt nicht nur die Strahlenexposition der Bevölkerung, sondern es nimmt gleichzeitig auch das Risiko von Fehlbestrahlungen und Unfällen zu. So kann es aufgrund technischer Mängel oder menschlichen Versagens beispielsweise vorkommen, dass ein Krebspatient oder eine Krebspatientin versehentlich mit einer zu hohen Dosis bestrahlt wurde und es in der Folge zu stärkeren Nebenwirkungen kommt.

Bislang gibt es in Deutschland nur eine unvollständige Erfassung solcher Vorfälle, da sie nicht meldepflichtig sind. Damit aus solchen Fällen aber Lehren für die Zukunft gezogen werden können, sieht das neue Strahlenschutzgesetz ein zentrales Meldesystem für bedeutsame Vorkommnisse in der Medizin vor. Hier sollen Meldungen über Fehlbestrahlungen und Unfälle gesammelt, ausgewertet und an andere Anwender weitergegeben werden.

Ziel ist es, Gefahren bereits im Vorfeld zu erkennen und gegebenenfalls frühzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten.

NotfallschutzEinklappen / Ausklappen

Notfallschutzzentrale Notfallschutzzentrale des BfSNotfallschutzzentrale des BfS

Kommt es in Deutschland oder im benachbarten Ausland zu einer Notfallsituation, bei der große Mengen von radioaktiven Stoffen in die Umwelt gelangen, sollen die Behörden und Organisationen in Bund und Ländern ihre Schutzmaßnahmen künftig enger aufeinander abstimmen.

Das neue Strahlenschutzgesetz sieht daher abgestimmte Notfallpläne zwischen Bund und Ländern vor, die auf sogenannten Referenzszenarien basieren. Diese decken sowohl Kernkraftwerksunfälle als auch Ereignisse mit eher regionalen Auswirkungen ab, etwa Transportunfälle.

Vorgesehen ist darüber hinaus die Einrichtung eines radiologischen Lagezentrums, das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eingerichtet und für dessen operationelle Umsetzung das Bundesamt für Strahlenschutz in wesentlichen Teilen zuständig sein wird. Im Notfall soll dieses Lagezentrum eine deutschlandweit gültige Lagebewertung vornehmen, die zum einen die aktuelle Situation und die vermutete künftige Entwicklung beschreibt und zum anderen Empfehlungen für Schutzmaßnahmen vorschlägt.

Bislang mussten die Länder für die Zwecke des Katastrophenschutzes und der Bund für überregionale Maßnahmen der Strahlenschutzvorsorge jeweils eigene Lagebilder erstellen.

RadonEinklappen / Ausklappen

Radon: Wege ins Haus Radon: Wege ins HausWege des Radon aus dem Boden in Gebäude

Radon ist ein natürliches radioaktives Edelgas, das aus dem Erdboden austritt und sich in Gebäuden anreichern kann. Das Einatmen von Radon zählt nach dem Rauchen zu den größten Risiken, an Lungenkrebs zu erkranken.

Mit dem neuen Strahlenschutzgesetz werden nun erstmals klare Maßnahmen zur Radonminderung eingeführt. So wird unter anderem ein Referenzwert zur Bewertung der Radonkonzentration in Aufenthaltsräumen festgelegt. Dieser sollte nicht überschritten und wenn möglich nach dem Minimierungsgrundsatz des Strahlenschutzes unterschritten werden. Hierzu sollen Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um den Zutritt von Radon in Innenräume zu vermeiden oder zumindest zu erschweren. Um welche es sich handelt, wird in einem regelmäßig zu aktualisierenden Maßnahmenplan erläutert.

Darüber hinaus werden Gebiete in Deutschland ermittelt, in denen eine hohe Radonkonzentration in Gebäuden zu erwarten ist. In diesen Gebieten sind besondere Maßnahmen zum radonsicheren Bauen zu beachten.

Gestärkt wird durch das neue Gesetz insbesondere auch der Schutz vor Radon an Arbeitsplätzen. Bisherige Schutzvorschriften galten nur für bestimmte Arbeitsplätze etwa in Bergwerken oder Höhlen. Mit dem neuen Strahlenschutzgesetz fallen in den Gebieten mit hoher Radonkonzentration alle Arbeitsplätze in bodennahen Stockwerken unter die Vorschriften zum Schutz vor Radon an Arbeitsplätzen.

Radioaktivität in BaustoffenEinklappen / Ausklappen

Innenraum mit Lehmputz Lehm als BaumaterialLehm als Baumaterial: Innenraum mit Lehmputz

Bestimmte Baustoffe enthalten natürliche Radionuklide in erhöhten Konzentrationen. Die Ursache können natürliche Rohstoffe oder auch Zusätze von Rückständen aus industriellen Prozessen sein, in denen sich natürliche radioaktive Stoffe anreichern und die zum Teil als Sekundärrohstoff im Bauwesen verwendet werden.

Für die radiologische Bewertung von Baustoffen gab es noch keine verbindliche Rechtsgrundlage. Das ändert sich mit dem neuen Strahlenschutzgesetz: Für bestimmte, möglicherweise radiologisch relevante Baustoffe werden Messungen vorgeschrieben.

Auf diese Weise wird geprüft, ob durch die in den jeweiligen Baustoffen enthaltenen Radionuklide der Referenzwert von 1 Millisievert pro Jahr überschritten werden kann. Ist das der Fall, müssen die zuständigen Behörden informiert werden. Diese können dann Maßnahmen zum Schutz erlassen, zum Beispiel eine Einschränkung auf bestimmte Anwendungen.

Bewältigung radioaktiver AltlastenEinklappen / Ausklappen

Das neue Strahlenschutzgesetz enthält Regelungen zur Bewältigung radioaktiver Altlasten. Bisher war die Gesetzesregelung zur Sanierung radiologischer Altlasten zweigeteilt:

  • in den neuen Bundesländern galt nach wie vor DDR-Recht,
  • in den alten Bundeländern gab es keine speziellen Strahlenschutzvorschriften für diesen Bereich; aus diesem Grund wurde das Bundes-Bodenschutzgesetz angewendet.

Das neue Strahlenschutzgesetz enthält nun erstmals eine einheitliche Definition für "Altlasten" im Zusammenhang mit erhöhter Radioaktivität: Diese sind definiert als Kontaminationen aus abgeschlossenen menschlichen Betätigungen, wenn der Referenzwert der effektiven Dosis von 1 Millisievert pro Jahr überschritten wird. Dabei kann es sich um kontaminierte Grundstücke, Teile von Grundstücken, Gebäude oder Gewässer handeln. Liegen Anhaltspunkte für eine radioaktive Altlast vor, sind diese der zuständigen Behörde mitzuteilen. Die Behörde entscheidet dann darüber, ob bzw. welche Maßnahmen zu ergreifen sind.

Die Maßnahmen orientieren sich an Erfahrungen, die unter anderem bei der Stilllegung und Sanierung des Uranerzbergbaus und deren radioaktiven Altlasten in der ehemaligen DDR gesammelt wurden.

StrahlenschutzregisterEinklappen / Ausklappen

Register

Im Strahlenschutzregister, das vom Bundesamt für Strahlenschutz betrieben wird, werden Daten von Beschäftigten zusammengefasst und ausgewertet, die in ihrem Beruf erhöhter Strahlung ausgesetzt sind. Dazu gehören unter anderem

  • medizinisches Personal,
  • Mitarbeiter von kerntechnischen Einrichtungen,
  • Piloten und Flugbegleiter, aber auch
  • Beschäftigte im Bergbau oder in Wasserwerken.

Das Register reicht bis in die 1990er Jahre zurück und umfasst derzeit Angaben zu etwa 400.000 Personen, die strahlenschutzüberwacht werden. Um auch bei einem Arbeitsplatzwechsel von Personen, die mit ionisierender Strahlung umgehen, deren Schutz jederzeit lückenlos sicherstellen zu können, werden deren strahlenschutzrelevanten Daten erfasst.

Das neue Strahlenschutzgesetz sieht deshalb unter anderem die Einführung eindeutiger Personenkennzeichen vor, die auch bei einem Namens- oder Arbeitgeberwechsel erhalten bleiben.

Stand: 11.05.2017

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© Bundesamt für Strahlenschutz