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BfS räumt Plutoniumlager

Lösung für nukleare Altlasten in Hanau

Ausgabejahr 2004
Datum 16.06.2004

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) wird das staatliche Verwahrlager in Hanau räumen. Präsident Wolfram König: "Damit lösen wir unser Versprechen ein, bis 2005 die in staatlicher Verwahrung untergebrachten nuklearen Altlasten abtransportieren zu lassen. Und wir leisten unseren Beitrag, um das Kapitel der Schnellen-Brüter-Technologie in Deutschland endgültig abzuschließen."

Derzeit befinden sich in Hanau der plutoniumhaltige Erstkern des nie in Betrieb gegangenen „Schnellen Brüters“ in Kalkar aus dem Besitz der RWE Power AG und Kernbrennstoffe des mittlerweile stillgelegten Schnellbrüter-Forschungsreaktors in Karlsruhe, für die das Atomgesetz eine staatliche Verwahrung verlangt.

"Das BfS will die größtmögliche Sicherheit für die Bevölkerung und übernimmt deshalb Verantwortung für die Entsorgung gefährlicher Materialien einer verfehlten Atomtechnologie der 70er Jahre," erklärte Präsident König. "Der seit Jahrzehnten von der Produktion plutoniumhaltiger Brennelemente betroffene Nuklear-Standort Hanau wird mit dem dadurch ermöglichten Abriss der Anlage entlastet."

Das Material für den Kern des „Schnellen Natriumgekühlten Reaktors“ (SNR) besteht im Wesentlichen aus 205 Brennelementen und wurde zu zwei Dritteln von der ALKEM (deren Rechtsnach-folgerin heute die Siemens AG ist) und zu einem Drittel von „Belgonucléaire“ (Belgien) gefertigt. Der Plutonium-Anteil ist mit bis zu 35 % so hoch, dass er zur Atomwaffenherstellung geeignet ist und deshalb wegen der Gefahr der Entwendung mit höchster Sicherheitsstufe verwahrt werden muss.

Da die RWE als Eigentümerin des bereits gefertigten Reaktorkerns keine Genehmigung zur Handhabung dieser Stoffe hatte und das SNR-Projekt in Kalkar 1991 nach langen Auseinandersetzungen endgültig aufgegeben wurde, musste das Material nach § 5 Atomgesetz in staatliche Verwahrung übernommen werden. Auch die Abschaltung der „Kompakten Natriumgekühlten Kernforschungsanlage“ (KNK) des Forschungszentrums Karlsruhe erfolgte 1991. Das nach Fertigungsverträgen mit der ALKEM hergestellte Kernmaterial wurde deshalb nie benötigt und gleichfalls staatlich verwahrt. Das BfS hat die Stoffe aus beiden Quellen im Jahr 2002 in einem ersten Schritt in unfallsichere Transportbehälter verpackt.

Die jetzige, mit dem Bundesumwelt- und dem Bundesforschungsministerium sowie der RWE abgestimmte Vorgehensweise sieht vor, die mit Plutonium angereicherten Brennstäbe in Anlagen in La Hague und Marcoule (Frankreich) zu verarbeiten. Mit einem auf 4 - 5 % reduzierten Plutonium-Anteil können sie in einem Atomkraftwerk eingesetzt werden, das eine hierfür erforderliche Genehmigung besitzt. Da diese Brennelemente durch die fixierte Restlaufzeit des Atomkraftwerks die entsprechende Menge vorgesehener Brennstoffe ersetzen, wird also auch die Gesamtabfallmenge reduziert.

Das BfS hat andere Lösungen geprüft, die die Umarbeitung des SNR-Kerns und der KNK-Brennstäbe mit den damit notwendig werdenden Transporten vermeiden, aber nach gründlicher und sicherheitsorientierter Abwägung blieb nur der jetzt beschrittene Weg.

Die Alternative einer fortdauernden Aufbewahrung in Hanau scheidet aus, weil die MOX-Brennelementefabrik geschlossen wurde, in der sich die staatliche Verwahrung befindet. BMU und BfS hatten eine Räumung des Standortes zugesagt.

Die Varianten des Neubaus eines staatlichen Verwahrlagers oder die „Zu-Lagerung“ der Stoffe in ein bereits vorhandenes Zwischenlager sind ebenfalls betrachtet worden. Sie beinhalten aber das Problem, dass bis heute keine Aussage darüber möglich ist, ob und in welcher Form das hochangereicherte Plutonium-Material überhaupt schadlos endgelagert werden kann. Aus diesem Grund hat das BfS diese Möglichkeit verworfen.

Angesichts der Rahmenbedingungen stellt die vom BfS gewählte Lösung somit den einzig gangbaren Weg dar:

  • Durch die Vermeidung weiterer langfristiger Zwischenlagerung wird die Gefahr der Weiterverbreitung (Proliferation) des atom-
    waffenfähigen Materials ausgeschlossen.
  • Die Stoffe werden nach ihrem Einsatz endlagerfähig.
  • Die anfallende Gesamtmenge des radioaktiven Abfalls wird
    geringer.
  • Die staatlichen Verwahrung in Hanau wird beendet.
  • Die Lösung eines Folgeproblems der vor Jahrzehnten begonnenen Plutoniumwirtschaft wird nicht den nachfolgenden Genera-
    tionen überlassen.

"In der Gesamtbetrachtung führt das jetzt beschlossene Verfahren zu mehr Sicherheit“, stellte Präsident König abschließend fest."

Stand: 16.06.2004

© Bundesamt für Strahlenschutz