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Unheilbare Leukämieform genetisch entschlüsselt

BfS-gefördertes Projekt trägt zu wichtigen Erkenntnissen in der Krebsforschung bei

  • Im Vergleich zu anderen Krebsarten ist über die Entstehung von Leukämien bei Kindern wenig bekannt.
  • Auch geringe Dosen ionisierender und nichtionisierender Strahlung stehen im Verdacht, Leukämie auslösen zu können.
  • Als Grundlage für die weitere Ursachenforschung hat das BfS eine Studie gefördert, die eine tödliche Leukämieform genetisch entschlüsselt hat.

Krebs kann spontan entstehen, aber auch durch genetische Veranlagungen, den Lebensstil – vor allem die Ernährung – oder Umwelteinflüsse ausgelöst werden. Für viele Tumorarten sind umweltbedingte Risikofaktoren seit langem bekannt. Beispielsweise trägt Zigarettenrauch zur Entstehung von Lungenkrebs und UV-Strahlung zu Hautkrebs bei. Tumorviren können Genitaltumore auslösen. Über umweltbedingte Risiken für Leukämien im Kindesalter gibt es dagegen vergleichsweise wenige Erkenntnisse. Im Verdacht steht unter anderem schwache Strahlung.

Das Bundesamt für Strahlenschutz setzt sich deswegen bereits seit 2008 dafür ein, die Ursachen von Leukämien im Kindesalter besser zu erforschen. Ziel ist zu klären, ob die in epidemiologischen Studien konsistent beobachteten statistischen Zusammenhänge von Leukämien im Kindesalter sowohl mit schwacher ionisierender als auch mit schwacher nichtionisierender Strahlung ursächlicher Natur sind oder nicht. Deshalb wurde eine Forschungsagenda erstellt (Research recommendations toward a better understanding of the causes of childhood leukemia), die multidisziplinäre Ansätze befürwortet (Childhood leukemia - risk factors and the need for an interdisciplinary research agenda).

Auf europäischer Ebene wurden 2014 in einem gemeinsamen Workshop der französischen Strahlenschutzbehörde IRSN, der Forschungsplattform MELODI und dem BfS die epidemiologischen und biologischen Daten zu Leukämie bei Kindern zusammengefasst (Childhood leukaemia risks: from unexplained findings near nuclear installations to recommendations for future research).

Im Jahr 2011 hat das BfS einige der Themenschwerpunkte der Forschungsagenda aufgegriffen und mit Unterstützung des BMUB im Rahmen des Umweltforschungsplanes entsprechende Pilotprojekte initiiert. Dazu gehörte unter anderem, das Erbmaterial von leukämiekranken Kindern vollständig zu sequenzieren und zu analysieren, um neue Erkenntnisse über die Entwicklung dieser Krankheit zu erhalten.

Im Rahmen dieser Untersuchungen ist es Leukämie- und Genomforschern verschiedener Universitäten und Institute in einem aufwendigen Verbundprojekt gelungen, eine bislang unheilbare Leukämieform genetisch zu entschlüsseln. Die Forscher konnten zeigen, dass TCF3-HLF-positive Leukämiezellen – zusätzlich zu den bereits bekannten fehlerhaft zusammengelagerten Genen – bestimmte Muster weiterer genetischer Veränderungen aufweisen. Das deutet daraufhin, dass die so entstehenden Fehlerkombinationen nicht zufällig vorliegen, sondern die Entstehung und das Überleben der Krebszellen begünstigen. Die gewählten Methoden der vollständigen Sequenzierung liefern wichtige Ansatzpunkte für die weitere Erforschung der Frage, welchen Einfluss schwache Strahlung auf die Entstehung von Leukämien bei Kindern haben könnte.

Ergänzend zu den genetischen Daten wurde zeitgleich in einem Mausmodell nach neuen Therapiemöglichkeiten gefahndet, und es konnte ein vielversprechendes Medikament gefunden werden.

Die vorliegenden Ergebnisse untermauern das große Potential von koordinierten, interdisziplinären Forschungsansätzen unter Einbezug neuester technologischer Möglichkeiten für die Krebsforschung. Das Projekt verdeutlicht auch, wie wichtig eine gut funktionierende internationale Zusammenarbeit für die Erforschung seltener Erkrankungen ist.

Die Arbeit Genomics and drug profiling of fatal TCF3-HLF-positive acute lymphoblastic leukemia identifies recurrent mutation patterns and therapeutic options ist am 27.7.2015 als ADVANCE Online Publication der renommierten internationalen Fachzeitschrift Nature Genetics erschienen.

Stand: 27.07.2015

© Bundesamt für Strahlenschutz