Navigation und Service

Laborstudien

  • Der direkte Einfluss hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf entnommene Spermien von Menschen und Tieren wurde seit 1999 in etwa 20 Laborstudien untersucht.
  • Die meisten Laborstudien weisen in unterschiedlichem Ausmaß methodische Mängel auf.
  • Angesichts der Ergebnisse der Laborstudien ist davon auszugehen, dass eine realistische Belastung mit elektromagnetischen Feldern eines Handys nicht zu einer Schädigung von Spermien und einer Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit führt.

Der direkte Einfluss hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf entnommene Spermien von Menschen und Tieren wurde seit 1999 in etwa 20 Laborstudien untersucht. Die meisten fanden mindestens in einem der untersuchten Parameter eine signifikante Veränderung unter dem Einfluss elektromagnetischer Felder, wobei häufig viele andere Parameter unverändert blieben.

Studien weisen methodische Mängel auf

Die meisten Laborstudien weisen in unterschiedlichem Ausmaß methodische Mängel auf.

  • Quellen elektromagnetischer Felder:
    Einige Studien verwendeten kommerzielle Mobiltelefone statt Expositionsanlagen als Quellen elektromagnetischer Felder, was dem heutigen Stand der Technik und damit der guten wissenschaftlichen Praxis nicht entspricht.
  • Spezifische Absorptionsrate:
    Mehrfach wurde die Spezifische Absorptionsrate (SAR) nicht angegeben, welche die vom Gewebe aufgenommene Energie in Watt pro Kilogramm (W/kg) beschreibt. Ohne diese Angabe ist eine Bewertung der beobachteten Veränderungen nicht möglich.
  • Kontrollen:
    Die meisten Studien verwendeten Kontrollen, zum Beispiel außerhalb der Expositionsanlage oder in einem anderen Raum. Um aber den Qualitätskriterien einer guten wissenschaftlichen Praxis zu entsprechen, muss auch eine Scheinexposition in der Expositionsanlage mit ausgeschalteten elektromagnetischen Feldern erfolgen. Sonst besteht die Möglichkeit, dass noch andere Umgebungseinflüsse zwischen den befeldeten Proben und den Kontrollen unterschiedlich waren und die beobachteten Effekte verursachten.
  • Verblindung:
    Nur wenige Studien wurden verblindet durchgeführt. Verblindet bedeutet, dass die Wissenschaftler, die die Proben auswerteten, nicht wussten, welche befeldet worden waren und welche nicht. Dies ist eine wichtige Maßnahme, um zum Beispiel bei visuellen Auswertungen subjektive Einflüsse zu minimieren.
  • SAR-Werte oberhalb der Grenzwertempfehlung:
    Mehrere Studien arbeiteten bei SAR-Werten oberhalb der Grenzwertempfehlungen, bis zu 27 W/kg. Hier ist davon auszugehen, dass die beobachteten Effekte thermisch waren, da Spermien besonders temperaturempfindlich sind.

Studien, die eine Expositionsanlage verwendeten und den SAR-Wert angaben

Neuere Studien, die diese Qualitätskriterien erfüllen, werden im Folgenden näher beschrieben:

Falzone et al. [1] fanden bei 2 W/kg (dies entspricht der Empfehlung der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung - ICNIRP für den Teilkörpergrenzwert) keinen Einfluss auf sämtliche Parameter der Spermienbeweglichkeit. Bei 5,7 W/kg war die Zahl beweglicher Spermien unverändert, deren Geschwindigkeit aber geringer. Weder bei 2 noch bei 5,7 W/kg wurden oxidativer Stress, veränderte enzymatische Aktivität oder ein vorzeitiger programmierter Zelltod bei den Spermien beobachtet [2].

In einer weiteren Folgestudie [3] waren die Spermien bereits bei 2 W/kg morphologisch verändert, ihre Vitalität blieb aber unverändert. Dies ist nicht nachvollziehbar, da morphologisch veränderte Spermien meistens weniger lebensfähig sind. Deswegen wurde dieses Ergebnis von anderen Wissenschaftlern angezweifelt [4]. De Iulis et al. [5] beobachteten bei steigenden SAR-Werten im Bereich von 0,4 bis 27,5 W/kg ein Absinken der Beweglichkeit und Lebensfähigkeit von Spermien sowie oxidativen Stress. Der Einfluss war dosisabhängig und begann bei einer Befeldungsdauer von 16 Stunden ab etwa 1 W/kg. Eine chinesische Arbeitsgruppe [6, 7] beobachtete an einer Zelllinie von Spermatozyten der Maus bei 1 und 2 W/kg keinen Effekt, bei 4 W/kg kam es nach 12 Stunden zu oxidativem Stress, gefolgt von einer DNA Schädigung. Es traten keine DNA-Strangbrüche auf. Es kam zu Veränderungen im Proteinhaushalt, aber nicht zum verstärkten Zelltod.

Zwei qualitativ hochwertige Studie wurden in Japan durchgeführt [8, 9]. In der ersten Studie[8] wurde das Sperma von 50 gesunden Probanden untersucht. Exponiert wurde in einer hochwertigen Expositionsanlage. Es erfolgten verblindet eine Scheinexposition und Expositionen von einer Stunde bei 2 W/kg und 6 W/kg. Der Temperaturanstieg betrug 0,16°C bzw. 0,24°C. Es wurden mehrere Parameter der Spermienbeweglichkeit sowie oxidativer Stress untersucht. Die Exposition zeigte keinen Einfluss.

Die zweite japanische Studie[9] untersuchte den Verlauf der Befruchtung und die frühe Embryogenese bei Mäusen. Verwendet wurde wieder eine hochwertige Expositionsanlage. Entnommene Eizellen und Spermien wurden bei 1,95 GHz und 2 mW/g für einen Stunde exponiert oder scheinexponiert. Dies ist mehr als beim Tragen eines Handys in der Hosentasche auftritt. Die Exposition erfolgte verblindet. Es wurde kein Einfluss elektromagnetischer Felder auf die künstliche Befruchtung und die nachfolgende Embryogenese gefunden und auch keine Chromosomen-Aberrationen.

Thermische Effekte?

Die Autoren aller Studien, die Effekte fanden[2-7], behaupten, dass es sich nicht um thermische Effekte handeln könne, da die Proben gekühlt wurden. Es ist aber anzunehmen, dass bei einer Erwärmung durch elektromagnetische Felder und gleichzeitiger Kühlung die Wärmegradienten anders sind, als wenn keine Erwärmung und Kühlung stattfindet. Da Spermien besonders wärmeempfindlich sind, ist vor allem oberhalb der Grenzwertempfehlungen ein thermischer Effekt zu erwarten. Die Ergebnisse der letzten Studie zeigen, dass es in geeigneten Expositionsanlagen möglich ist, auch bei 6 W/kg den Temperaturanstieg gering zu halten und thermische Effekte zu vermeiden.

Generell gilt, dass eine Erwärmung der Hoden und Spermien um mehr als 2 °C beziehungsweise über 39 °C schädlich ist, wobei die Schädigung vorübergehend ist. Untersuchungen in realistischen Szenarien – zum Beispiel ein Handy in der Hosentasche – haben gezeigt, dass die SAR-Werte deutlich unter 1 W/kg liegen und die durch elektromagnetische Felder verursachte Erwärmung der Hoden im Bereich von etwa 0,01 °C liegt. Diese Erwärmung wird als gesundheitlich unbedenklich bewertet. Auch angesichts der genannten Ergebnisse aus Laborstudien ist davon auszugehen, dass eine realistische Belastung mit elektromagnetischen Feldern eines Handys nicht zu einer Schädigung von Spermien und einer Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit führt.

Literatur (Volltext oft gebührenpflichtig)

[1] Falzone N, Huyser C, Fourie F, Toivo T, Leszczynski D, Franken D (2008) In vitro effect of pulsed 900 MHz GSM radiation on mitochondrial membrane potential and motil-ity of human spermatozoa. Bioelectromagnetics 29(4): 268 - 276

[2] Falzone N, Huyser C, Franken DR, Leszczynski D (2010) Mobile phone radiation does not induce pro-apoptosis effects in human spermatozoa. Rad. Res. 174(2): 169 - 176

[3] Falzone N, Huyser C, Becker P, Leszczynski D, Franken DR (2011) The effect of pulsed 900-MHz GSM mobile phone radiation on the acrosome reaction, head morphometry and zona binding of human spermatozoa. Int. J. Androl. 34(1): 20 - 26

[4] Lerchl A (2012) Letter on 'The effect of pulsed 900-MHz GSM mobile phone radiation on the acrosome reaction, head morphometry and zona binding of human sper-matozoa' by Falzone et al. (Int J Androl 34: 20-26, 2011). Int J Androl. 35(1): 103

[5] De Iuliis GN, Newey RJ, King BV, Aitken RJ (2009) Mobile phone radiation induces reactive oxygen species production and DNA damage in human spermatozoa in vitro. PLoS One. 4(7): e6446

[6] Liu C, Duan W, Xu S, Chen C, He M, Zhang L, Yu Z, Zhou Z (2013) Exposure to 1800 MHz radiofrequency electromagnetic radiation induces oxidative DNA base damage in a mouse spermatocyte derived cell line. Toxicol Lett. 218(1): 2 – 9

[7] Liu K, Zhang G, Wang Z, Liu Y, Dong J, Dong X, Liu J, Cao J, Ao L, Zhang S (2014) The protective effect of autophagy on mouse spermatocyte derived cells exposure to 1800 MHz radiofrequency electromagnetic radiation. Toxicol Lett. 228: 216 - 224

[8] Nakatani-Enomoto S, Okutsu M, Suzuki S, Suganuma R, Groiss SJ, Kadowaki S, Enomoto H, Fujimori K, Ugawa Y (2916) Effects of 1950 MHz W-CDMA-like signal on human spermatozoa. Bioelectromagnetics 37(6): 373-381

[9] Suzuki S, Okutsu M, Suganuma R, Komiya H, Nakatani-Enomoto S, Kobayashi S, Ugawa Y, Tateno H, Fujimori K (2017). Influence of radiofrequency-electromagnetic waves from 3rd-generation cellular phones on fertilization and embryo development in mice. Bioelectromagnetics 38(6): 466-473.

Stand: 05.07.2018

Wie bewerten Sie diesen Artikel?

© Bundesamt für Strahlenschutz