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6. Untersuchungen zum Auftreten, zur Ausbreitung und zur Absorption von Korona-Ionen

Durch den bei Hochspannungsleitungen zu beobachtenden Korona-Effekt werden an Freileitungsseilen Luftmoleküle und Teilchen elektrisch aufgeladen und dann zum Beispiel bei Wind seitlich verfrachtet. 1996 wurde in England die Hypothese entwickelt, dass die geladenen Partikel das Risiko der Anwohner für Atemwegserkrankungen erhöhen. Wissenschaftliche Beweise für diese Vermutung gibt es nicht. Die britische Strahlenschutzbehörde (National Radiological Protection Board/NRPB) hat sich 2004 mit dieser Frage befasst. Ein zusätzlich erhöhtes Gesundheitsrisiko durch Luftschadstoffe aufgrund der Aufladung von Partikeln an herkömmlichen Hochspannungswechselstromleitungen (HWÜ-Leitungen) wurde als unwahrscheinlich bzw. sehr gering eingeschätzt.

Da davon ausgegangen wird, dass die Ladungswolken bei HGÜ-Leitungen im Vergleich zu HWÜ-Leitungen zeitlich stabiler sind bzw. sich weiter verbreiten, gewinnt die Hypothese eine neue Bedeutung. Die Frage, ob Luftschadstoffe aus dem Untergrund (z.B. Radon und seine Zerfallsprodukte), aus industriellen Prozessen oder aus dem Verkehr, in Abhängigkeit von ihrem elektrischen Ladungszustand, verstärkt vom Körper aufgenommen werden und somit ein höheres Gesundheitsrisiko darstellen, ist nicht abschließend geklärt.

Forschungsprojekte

6.1. Bewertende Literaturstudie zum Auftreten und zur Ausbreitung von Korona-Ionen

Der wissenschaftliche Kenntnisstand zur Entstehung, Konzentration und Ausbreitung von ionisierten Luftmolekülen und Staubpartikeln wird ermittelt. Ein Vergleich der herkömmlichen HWÜ-Leitungen mit den geplanten HGÜ-Leitungen ist auch in Abhängigkeit von Witterungsbedingungen durchzuführen. Potentielle Gesundheitsrisiken werden ermittelt, Wissenslücken identifiziert und Forschungsansätze sowie geeignete Untersuchungsmethoden vorgeschlagen.

6.2. Erfassung und Verbreitung von Korona-Ionen in der Umgebung von Freileitungen

Aufbauend auf der Literaturstudie werden Mess- und Berechnungsverfahren zur Bestimmung des Entstehens und der Verbreitung von Korona-Ionen (bei Gleich- und Wechselstrom) verwendet. Luftverschmutzung und Witterungseinflüsse werden berücksichtigt.

6.3. Numerische Berechnung der Absorption von ionisierten Partikeln in der Lunge

Anhand von Modellberechnungen wird bestimmt, wie sich die Ionisation auf die Ablagerung von Partikeln in der Lunge auswirkt. Die Partikelgröße, positive oder negative Ladung und die Anzahl der Ladungen werden berücksichtigt.

6.4. Messungen der Absorption von ionisierten Partikeln im Lungenphantom

Durch Messungen an Lungenphantomen wird bestimmt, wie sich Ionisation auf die Ablagerung von Partikeln in der Lunge auswirkt. Die Partikelgröße, positive oder negative Ladung sowie weitere Begleitfaktoren wie Temperatur, Feuchtigkeit und anatomische und physiologische Parameter werden berücksichtigt.

Ergebnis der Online-Konsultation

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Das Themenfeld wurde überwiegend als sehr wichtig bewertet (siehe Abbildung). Es wurden Untersuchungen zur Auswirkung der Absorption von Korona-Ionen unter anderem durch Langzeit-Humanstudien gefordert. Zusätzlich wurde angeregt, die Ozonbildung bei HGÜ zu untersuchen.

Stellungnahme des BfS

Bevor die Auswirkungen von Korona-Ionen näher untersucht werden können, muss zunächst die tatsächliche Exposition und Absorption bekannt sein. Ein Teil der Luft ist bereits auf natürliche Weise ionisiert (Diffusionsaufladung, Boltzmann-Ladungsverteilung). Dies führt auch ohne existierende Freileitungen dazu, dass Aerosole elektrisch aufgeladen sein können (Symmetrische Ladungsverteilung, ungefähr gleich viele positiv und negativ geladene Partikel). Messungen an HGÜ-Freileitungen in Nordamerika zeigen, dass diese symmetrische Verteilung leicht unsymmetrisch wird, wenn sich auf der Wind zugewandten Seite eine HGÜ-Leitung befindet. Die Stärke der Verschiebung und die damit einhergehenden Maximalaufladungen der Partikel sollen bestimmt werden, um eine Exposition durch Modellierungen und/oder Messungen im Lungenphantom abschätzen zu können. Abhängig von der Stärke der Expositionsveränderung (verglichen mit der natürlichen Exposition durch Ionen) wird dann entschieden, inwieweit die Auswirkungen der Ionen gesondert betrachtet werden.

Die Strahlenschutzkommission kommt in ihren Empfehlungen mit wissenschaftlicher Begründung zu dem Schluss, dass es lediglich zu einer minimalen Erhöhung der natürlichen Ozonbelastung in der unmittelbaren Umgebung der HGÜ-Leitungen kommt. Der Einfluss auf die Ozonbildung ist daher abgesehen von der Literaturstudie (6.1) kein gesonderter Aspekt des Forschungsprogramms.

Eine anonymisierte Zusammenfassung der Kommentare zum Themenfeld 6 steht zum Download zur Verfügung.

Stand: 08.11.2017

© Bundesamt für Strahlenschutz