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Wozu werden Hubschrauber im Ernstfall eingesetzt?

In Deutschland wird routinemäßig die Gammaortsdosisleistung in der Atmosphäre durch Messsonden überwacht. Die Messsonden identifizieren natürlich, wenn erhöhte radioaktive Strahlung in der Atmosphäre vorliegt. Die könnte bedingt sein einerseits durch die Freisetzung von radioaktiven Stoffen aus einer kerntechnischen Anlage, Forschungszentrum oder punktuelle Freisetzung von Nukliden aus nuklearmedizinischen Einrichtungen.

Der Einsatz von Hubschraubern kann zum Beispiel erfolgen, nachdem mehrere Sonden am Boden eine erhöhte radioaktive Strahlung registriert haben, wie zum Beispiel nach einem kerntechnischen Unfall, um festzustellen, wie die Verteilung der radioaktiven Strahlung zwischen diesen Sonden ist. Die Stoffe, die wir mit den Hubschraubermessungen bestimmen, ist immer die auf dem Boden abgelagerte radioaktive Belastung.

Die Hubschraubermessungen werden vom Bundesamt für Strahlenschutz durchgeführt und zwar seit 1989 in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei. Diese Zusammenarbeit ist für uns sehr wesentlich, weil wir dadurch garantieren, dass wir jederzeit die Möglichkeit haben, unsere Messtechnik in einen Hubschrauber zu integrieren und auch sofort mit den Messungen beginnen können.

Wenn wir alarmiert werden, unsere Hubschraubersysteme einzusetzen, können wir innerhalb von fünf Stunden an jedem Ort in Deutschland sein und nach Durchführung der Messflüge brauchen wir noch ein bis zwei Stunden, um die Messungen an ein Lagezentrum zu übermitteln. Dort werden die Messwerte radiologisch bewertet und das Lagezentrum entscheidet daraufhin, wo weitere Messungen durchgeführt müssen.

Was wir mit unseren Messungen messen, ist einmal die Gamma-Ortsdosisleistung in einem Meter über Boden und das Andere ist, wir können mit einem Reinstgermanium-Detektor die Nuklide, die auf dem Boden abgelagert sind, bestimmen. Man findet heraus, ob eine kerntechnische Anlage radioaktive Stoffe in größerer Konzentration freigesetzt hat und wir finden natürlich auch heraus, wenn irgendwelche, zum Beispiel nuklearmedizinischen Einrichtungen bestimmte Jodisotope freigesetzt haben. Diese Informationen sind wichtig, um anschließend eine Bewertung der Strahlenbelastung für die Bevölkerung zu ermitteln.

Hubschrauber haben den großen Vorteil, dass man ein Gebiet nicht betreten muss. Der zweite große Vorteil von einer Hubschraubermessung ist, dass wir schnell und großräumig Messungen durchführen können. Wir schaffen innerhalb von drei Stunden etwa 70 Quadratkilometer. In Fukushima war das Problem, dass die meisten Gamma-Ortsdosisleistungssonden durch den Tsunami zerstört wurden und man brauchte aber bewertbare Messergebnisse. Diese wurden durch hubschraubergestützte Messungen eingespielt.

Die Hubschraubermessungen und die Fahrzeugmessungen ergänzen sich. Man kann mit den Hubschraubermessungen ein größeres Gebiet befliegen, radiologische Auffälligkeiten feststellen und dann gezielt die Fahrzeuge in dieses Gebiet leiten. Wenn wir alarmiert werden, bringen wir unsere Messsysteme zur Bundespolizei. Wir bauen die Messsysteme in einen Hubschrauber des Typs EC 135 ein, besprechen mit der Bundespolizei das weitere Vorgehen, stimmen uns mit dem Lagezentrum des Bundesamtes für Strahlenschutz ab. Anschließend begeben wir uns ins Messgebiet und beginnen mit den Messflügen.

In Europa gibt es ganz wenige hubschraubergestützte Messteams. Und würde ein kerntechnischer Unfall passieren und müsste man hubschraubergestützte Messungen einsetzen, ist es ganz wichtig, dass sich all diese europäischen Teams unterstützen. Wir haben mehrere Übungen miteinander durchgeführt, ohne großen Vorlauf miteinander agieren können.

Trotz der Tatsache, dass wir bald keine Kernkraftwerke in Deutschland mehr betreiben, macht natürlich die radioaktive Wolke nicht an den Grenzen halt. Deshalb ist es auch in der Zukunft ganz wesentlich, dass wir weiterhin hubschraubergestützte Messsysteme betreiben.

Stand: 29.03.2016

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© Bundesamt für Strahlenschutz