Navigation und Service

Ionisierende Strahlung

Umweltradioaktivität - Medizin - Beruflicher Strahlenschutz - Nuklear-spezifische Gefahrenabwehr

Ionisierende Strahlung

Sicherheit von radioaktiven Strahlenquellen in Deutschland

Etwa 100.000 umschlossene radioaktive Strahlenquellen (Strahler) werden in Deutschland in Industrie und Gewerbe, Medizin, Forschung und in der Landwirtschaft angewendet.

Einsatzgebiete und rechtliche Grundlagen

Häufige Einsatzbereiche für Strahler in der Industrie sind die Kalibrierung von Messgeräten, die Werkstoffprüfung, die Produktbestrahlung und -sterilisation sowie die Füllstands- und Dichtemessung. In der Medizin werden Strahlenquellen zumeist in der Strahlentherapie und bei der Blutbestrahlung eingesetzt. Die hierbei dominierenden Radionuklide sind Kobalt-60, Iridium-192, Cäsium-137, Strontium-90 und Americium-241. Die eingesetzten Aktivitäten variieren von einigen Kilobecquerel für Prüf- und Kalibrierstrahler bis zu einigen Terabecquerel bei Strahlenquellen für Bestrahlungsanlagen.

Frau steht an Blutbestrahlungsanlage BlutbestrahlungsanlageBlutbestrahlungsanlage Quelle: Identification of Sources and Devices - Reference Manual, IAEA Nuclear Security Series, 2007

Die Benutzung radioaktiver Strahlenquellen unterliegt gemäß dem deutschen Atomgesetz grundsätzlich der staatlichen Aufsicht und erfordert gemäß Strahlenschutzverordnung eine Genehmigung, die in Deutschland durch die zuständige Länderbehörde nach Prüfung der genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen erteilt wird.

Der genehmigungsfreie Umgang ist nur für Strahler, deren Aktivität unterhalb der Freigrenze liegt, oder für Strahler, die fest in bauartzugelassene Geräte eingefügt sind, möglich. Die Freigrenzen sind durch die Strahlenschutzverordnung festgelegt und stimmen mit den Grenzwerten der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) und den europäischen Grenzwerten (EU-Richtlinie 96/29/EURATOM) überein. Mit dem Begriff Freigrenze wird eine Aktivität bezeichnet, von der bei üblicher Nutzung der Radioaktivität nur eine vernachlässigbar geringe Gefährdung ausgeht.

Pflichten der Quelleninhaber, behördliche Kontrolle

Grauschwarzer Kasten mit Radioaktivitätszeichen Gammaradiographie-GerätGammaradiographie-Gerät Quelle: Identification of Sources and Devices - Reference Manual, IAEA Nuclear Security Series, 2008

Die Annahme und Weitergabe eines Strahlers unterliegt der behördlichen Meldepflicht. Der ordnungsgemäße Umgang während des Einsatzes einer Strahlenquelle wird durch die von der Behörde bestellten Strahlenschutzbeauftragten überwacht. Darüber hinaus kann die Aufsichtsbehörde jederzeit die aus ihrer Sicht bei einem Genehmigungsinhaber erforderlichen Kontrollen durchführen. Sicherheitstechnisch bedeutsame Ereignisse beim Umgang mit der Strahlenquelle, wie technische Fehlfunktionen des Gerätes, Bedienungsfehler oder ein Diebstahl des Strahlers, sind der zuständigen Behörde unverzüglich zu melden. Bei der Abgabe eines Strahlers ist sicherzustellen, dass der Empfänger über eine entsprechende Genehmigung zum Umgang mit der Strahlenquelle verfügt. Dem Empfänger ist zu bescheinigen, dass der Strahler dicht und kontaminationsfrei ist.

Die Beförderung von radioaktiven Strahlenquellen unterliegt dem Gefahrgutbeförderungsgesetz und ist ebenfalls genehmigungspflichtig. Eine Beförderung ohne staatliche Kontrolle ist nur für Strahler mit Aktivitäten unterhalb der Freigrenze (siehe oben) und sogenannte freigestellte Versandstücke erlaubt. Die Verpackung der zu befördernden Strahlenquellen muss den Anforderungen des "Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter" (ADR) entsprechen.

Die Lebensdauer der eingesetzten Strahlenquellen variiert aufgrund der stark unterschiedlichen Halbwertszeiten der verwendeten Radionuklide. Wenn die Strahlenquellen nach Ablauf der Nutzungsdauer nicht unmittelbar vom Betreiber entsorgt werden, werden die Einrichtungen mitsamt der in ihnen verbleibenden Strahlenquellen vom Betreiber an den Gerätehersteller zurückgegeben. Dieser prüft gegebenenfalls eine weitere Verwendung der Strahler oder gibt sie zurück an den Hersteller. Die nicht mehr verwendbaren Strahler werden bei den Landessammelstellen abgegeben.

Bisher keine Gefährdung durch illegal entsorgte und verlorene Strahlenquellen in Deutschland

Trotz der staatlichen Kontrolle beim Umgang mit radioaktiven Stoffen kann der Verlust eines Strahlers oder der Fund einer herrenlosen Strahlenquelle nicht vollständig ausgeschlossen werden. Diese Fälle sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen und werden bundesweit erfasst und ausgewertet. Die in Deutschland gemeldeten Vorkommnisse mit Strahlenquellen werden jährlich im Jahresbericht "Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung" des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit veröffentlicht.

So wurden in den Jahren 2009 bis 2014 bundesweit 169 Meldungen über den Verlust beziehungsweise Fund von Strahlern aufgezeichnet. Gefunden wurden diese, in der Regel wegen Unkenntnis entsorgten, Strahlenquellen häufig in Schrott- oder Müll-Containern, da die meisten der in diesem Bereich in Deutschland tätigen Unternehmen über entsprechende Strahlenmesseinrichtungen verfügen. Die Aktivität der gefundenen oder verloren gegangenen Strahlenquellen ist in den meisten Fällen gering (zum Beispiel bei unwissentlich entsorgten Ionisationsrauchmeldern), so dass bei missbräuchlicher Nutzung keine hohe Gefährdung zu erwarten ist.

Zentrales Register ermöglicht lückenlose Rückverfolgung hochradioaktiver Strahlenquellen

In den Jahren 2009 bis 2014 wurden in Deutschland sechs Funde von Strahlenquellen mit einer Aktivität größer als 1 GBq gemeldet, wovon zwei als hochradioaktive Strahlenquellen einzustufen sind. Diese Funde von Strahlenquellen führten nicht zu Unfällen.

Welche Gefahr jedoch mit Strahlern dieser Art verbunden sein kann, zeigt ein Unfall in Thailand aus dem Jahr 2000, bei dem eine Kobalt-60-Strahlenquelle aus einer Teletherapie-Anlage irrtümlich auf einen Schrottplatz verbracht und unwissentlich geöffnet wurde. Als Folge dieser Öffnung entstanden erhebliche Expositionen, so dass einige Personen an Strahlenkrankheit erkrankten beziehungsweise starben. Dieses Beispiel verdeutlicht die Gefahr, die von radioaktiven Strahlenquellen ausgehen kann, wenn sie durch mangelnde Überwachung herrenlos werden. Derartige Unfälle mit Strahlenquellen sind in Deutschland noch nicht vorgekommen.

zwei zwei Zentimeter große zylindrische Stahlteile Strahlenquelle TeletherapieanlageStrahlenquelle aus einer Teletherapie-Anlage, die bei dem Unfall in Thailand gefunden wurde Quelle: The Radiological Accident in Samut Prakarn, IAEA, 2002

Vor dem Hintergrund möglicher Unfälle werden Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit beim Umgang mit radioaktiven Strahlenquellen bereits seit den 1990er Jahren international von der IAEA diskutiert. Insbesondere durch die veränderte Sicherheitslage nach den Anschlägen am 11. September 2001 wurde das internationale Regelwerk deutlich verschärft.

In Deutschland wurden im Jahr 2005 gesetzliche Regelungen für die Kontrolle von "hochradioaktiven Strahlenquellen" (HRQ), das heißt von Strahlern, deren Aktivität so hoch ist, dass eine missbräuchliche Nutzung mit einer hohen Gefährdung verbunden sein kann, erlassen. Zusätzlich zu den bisherigen Regelungen ist seit 2005 Abgabe und Erwerb einer hochradioaktiven Strahlenquelle auch dem zentralen Register über hochradioaktive Strahlenquellen (HRQ-Register) beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zu melden. Das HRQ-Register ermöglicht eine lückenlose Verfolgung des Verbleibs hochradioaktiver Strahlenquellen innerhalb Deutschlands. Mit der Einführung der neuen Regelungen wurde auch die Pflicht zur Rücknahme einer hochradioaktiven Quelle durch den Hersteller der Strahlenquelle gesetzlich verankert.

Internationales Informationssystem zu verloren gegangenen Strahlenquellen

Da die Verbringung radioaktiver Stoffe durch den globalen Schrotthandel ein länderübergreifendes Problem ist, besteht seit einigen Jahren ein von der IAEA betriebenes Informationssystem zur Übermittlung von Daten zu weltweit verloren gegangenen Strahlenquellen. Durch dieses Informationssystem konnte beispielsweise ein im Jahr 2003 aufgetretener Fall von zwei in Deutschland gefundenen Strahlenquellen, die in Nigeria gestohlen worden waren, geklärt werden. Um Vorkommnisse dieser Art noch mehr einzudämmen beziehungsweise um deren Folgen zu minimieren, sind zukünftig weitere Verbesserungen der bestehenden Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen.

Stand: 09.03.2017

Wie bewerten Sie diesen Artikel?

© Bundesamt für Strahlenschutz