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Ionisierende Strahlung

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Ionisierende Strahlung

Krebs und Leukämie

  • Ionisierende Strahlung kann Krebs und Leukämien auslösen. Strahlenbedingte Krebserkrankungen können grundsätzlich in allen Geweben oder Organen des Körpers hervorgerufen werden. Im klinischen Erscheinungsbild lassen sie sich nicht von spontanen Erkrankungen unterscheiden.
  • Strahlenbedingte Krebs- und Leukämie-Erkrankungen treten erst Jahre oder Jahrzehnte nach der Bestrahlung auf. Das heißt, zwischen der Bestrahlung und dem Erscheinen einer strahlenbedingten Krebserkrankung besteht eine Latenzzeit, die für die einzelnen Krebsarten unterschiedlich lang ist.
  • Durch epidemiologische Untersuchungen liegt umfangreiches Wissen zu den gesundheitsschädlichen Wirkungen ionisierender Strahlung vor.

Ionisierende Strahlung kann Krebs und Leukämien auslösen. Beide Arten von Erkrankungen zählen zu den bösartigen Neubildungen. Während Krebs bösartige Neubildungen umfasst, die ein Organ betreffen, bezeichnet Leukämie eine Erkrankung des blutbildenden Systems, die sich auf den gesamten Organismus auswirkt. Ähnliches gilt für Lymphome, bösartige Neubildungen des lymphatischen Systems, die sich auch auf den gesamten Organismus auswirken.

Ionisierende Strahlung kann Leukämie bzw. Krebs in verschiedenen Geweben oder Organen des Körpers auslösen

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass die krebsauslösende Wirkung ionisierender Strahlung in allen Geweben oder Organen des Körpers hervorgerufen werden kann. Nach UNSCEAR (2000 und 2006) ist eine Erhöhung des Krebsrisikos durch Strahlung für folgende Organe ausreichend epidemiologisch dokumentiert: Speiseröhre, Magen, Darm, Leber, Lunge, Knochen, Haut, weibliche Brust, Prostata, Blase, Gehirn, Zentrales Nervensystem, Schilddrüse und Rachen. Gleiches gilt für Leukämien und verschiedene bösartige Neubildungen, die vom lymphatischen Gewebe ausgehen.

Bisher gibt es keine epidemiologischen Hinweise für die strahlungsbedingte Induktion von Morbus Hodgkin, einer bestimmten Art von Lymphomen. Hinsichtlich der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) wurde lange angenommen, dass diese nicht strahleninduzierbar sei. Neuere epidemiologische Auswertungen legen nahe, dass dies nicht zutrifft. Aber der Zusammenhang zwischen Strahlung und CLL scheint sich deutlich von dem Zusammenhang zwischen Strahlung und anderen Leukämieformen zu unterscheiden. So ist das Risiko für CLL nach Strahlenexposition deutlich niedriger als das für die anderen Leukämieformen.

Strahlenbedingte Krebs- und Leukämie-Erkrankungen lassen sich nur durch statistische Methoden feststellen

Strahlenbedingte Krebs- und Leukämie-Erkrankungen treten erst Jahre oder Jahrzehnte nach der Bestrahlung auf. Die Zeit zwischen Bestrahlung und Erscheinen einer strahlenbedingten Krebserkrankung wird "Latenzzeit" genannt. Im klinischen Erscheinungsbild lassen sich strahlenbedingte Krebs- und Leukämie-Erkrankungen nicht von spontan auftretenden Erkrankungen unterscheiden. Daher können sie nur durch statistische Methoden festgestellt werden, wenn in einer hinreichend großen Personengruppe die Häufigkeit an Erkrankungen auffällig größer ist als in einer vergleichbaren unbestrahlten Personengruppe.

Latenzzeit ist für einzelne Krebsarten unterschiedlich

Die Latenzzeit zwischen der Bestrahlung und dem vermehrten Auftreten von Krebserkrankungen ist für die einzelnen Krebsarten unterschiedlich lang. Die kürzesten Latenzzeiten werden für strahlenbedingte Leukämien und Schilddrüsenkrebserkrankungen beobachtet. Bei einer Bestrahlung im Kindesalter werden die kürzesten Latenzzeiten für Leukämien und Schilddrüsenkrebs mit zwei bis drei Jahren angegeben. Im Mittel wird mit acht Jahren gerechnet. Für die anderen Krebsarten liegen die Latenzzeiten über zehn Jahren.

Keine Schwellendosis

Für das strahlenbedingte Leukämie- und Krebsrisiko gibt es keine Schwellendosis. Auch niedrige Dosen können die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Krebs oder Leukämien bei bestrahlten Personen erhöhen. Mit zunehmender Dosis erhöht sich das Erkrankungsrisiko.

Studien und Untersuchungen zur gesundheitlichen Wirkung ionisierender Strahlung

Durch epidemiologische Untersuchungen an Personengruppen, die aus unterschiedlichen Gründen einer Strahlenexposition ausgesetzt waren, liegt umfangreiches Wissen zu den gesundheitsschädlichen Wirkungen ionisierender Strahlung vor.

Die bedeutendste Studie ist die an den Überlebenden der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki. Sie ist bis heute die wichtigste Grundlage für die Abschätzung des Strahlenrisikos im Strahlenschutz.

Weitere Erkenntnisse stammen von Untersuchungen an Personengruppen, die aus anderen Gründen einer erhöhten Strahlung ausgesetzt waren:

  • durch ihre berufliche Tätigkeit (Radiologen, Leuchtziffernmalerinnen, Beschäftigte in kerntechnischen Anlagen etc.),
  • als Patienten (Strahlentherapie, Röntgendiagnostik),
  • Betroffene von Atombombentests (wie zum Beispiel auf den Marshall-Inseln oder in Kasachstan) oder des Reaktorunfalls von Tschernobyl.

Befunde zum Strahlenrisiko werden regelmäßig vom "Wissenschaftlichen Komitee der Vereinten Nationen über die Effekte der atomaren Strahlung" (UNSCEAR) zusammengetragen und bewertet. Zusätzlich liegen umfassende Dokumentationen zum Strahlenrisiko von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem National Research Council der USA ("Committee on the Biological Effects of Ionizing Radiation", "BEIR"-Bericht) vor.

Die Höhe des Risikos

Die epidemiologische Studie an den Atombombenüberlebenden von Hiroshima und Nagasaki, zeigt für alle Krebsarten zusammen genommen eine lineare Dosis-Wirkungs-Beziehung bis zu einer Dosis von 3 Sievert (Sv). Die Dosis-Wirkungs-Beziehung für Leukämie wird nach UNSCEAR dagegen am besten durch eine linear-quadratische Funktion beschrieben.

Auf der Grundlage der verfügbaren epidemiologischen Daten schätzt UNSCEAR in seinem Bericht aus dem Jahr 2010 das durchschnittliche lebenslange zusätzliche Sterberisiko bei einer akuten Dosis von 100 Millisievert (mSv) auf 0,4 bis 0,7 % für Krebs und auf 0,03 bis 0,05 % für Leukämie. Ein zusätzliches lebenslanges Sterberisiko von einem Prozent würde einem zusätzlichen Todesfall pro 100 Personen entsprechen.

Die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, ist etwa doppelt so hoch wie die an Krebs zu sterben. Soll das Risiko nicht für die Krebssterblichkeit, sondern für die Erkrankungswahrscheinlichkeit bestimmt werden, dann sind die Werte entsprechend zu verdoppeln.

Während die Dosis-Wirkungs-Beziehung für Krebserkrankungen als linear beschrieben werden kann, führt bei Leukämie eine zehnfach niedrigere Dosis (z.B. von 1.000 mSv auf 100 mSv) zu einer 20-fachen Erniedrigung des Leukämierisikos.

Welche Faktoren bestimmen das Strahlenrisiko?

Die Höhe des Strahlenrisikos wird im Wesentlichen durch folgende Faktoren bestimmt:

  • Die Dosis: Je höher die Dosis, desto größer ist das Risiko.
  • Die Strahlenart: dicht-ionisierende Strahlung ist bei gleicher Energiedosis wirksamer als locker-ionisierende Strahlung.
  • Die betroffene Gewebeart beziehungsweise das betroffene Organ: Das blutbildende System, das Brustgewebe, Magen und Dickdarm sind eher strahlenempfindlich, Knochen, Muskel und Nervengewebe eher unempfindlich.
  • Das Alter bei Bestrahlung: Kinder und Jugendliche sind empfindlicher als Erwachsene.

Die unterschiedliche Empfindlichkeit verschiedener Arten von Gewebe lässt sich bei den Studien zu den japanischen Atombombenüberlebenden auch daran erkennen, dass sich der Anteil der Krebsfälle, die auf Strahlung zurückgeführt werden können, an der Gesamtheit der aufgetretenen Krebsfälle deutlich zwischen den Krebslokalisationen unterscheidet. Die folgende Zusammenstellung zeigt, dass etwa 30 % der Leukämien (bezogen auf alle Formen außer Chronische Lymphatische Leukämie und Adulte T-Zell-Leukämie), die bei Atombombenüberlebenden aufgetreten sind, auf die Strahlenexposition zurückgehen, während dieser Anteil bei Magenkrebs nur bei etwa 7 % liegt.

Strahlenbedingter Anteil des Krebsrisikos für verschiedene Krebslokalisationen bei den Atombombenüberlebenden

Krebslokalisationstrahlenbedingter Anteil (in %)
Leukämien (ohne Chronisch Lymphatische Leukämie und Adulte T-Zell-Leukämie) 30
Brust27
Lunge15
Darm11
Eierstöcke10
Speiseröhre10
Magen7

Angaben nach Hsu 2013 und Preston 2007 (Radiation Research)

Stand: 15.03.2018

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