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Krebsrisiko für Kinder in der nahen Umgebung von Kernkraftwerken

Neue Studie im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz bringt erstmals belastbare Ergebnisse

Ausgabejahr 2007
Datum 08.12.2007

Das Risiko für Kinder an Leukämie zu erkranken nimmt zu, je näher ihr Wohnort an einem Kernkraftwerk liegt. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Deutschen Kinderkrebsregisters in Mainz, die im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) durchgeführt wurde. Im 5-km-Umkreis um die Reaktoren wurde im Untersuchungszeitraum von 1980 bis 2003 festgestellt, dass 37 Kinder neu an Leukämie erkrankt sind. Im statistischen Durchschnitt wären 17 Fälle zu erwarten gewesen. Etwa 20 Neuerkrankungen sind also allein auf das Wohnen in diesem Umkreis zurückzuführen.

Die Untersuchung unter der Leitung der Mainzer Professorin Dr. Maria Blettner und in Begleitung eines vom BfS eingesetzten 12-köpfigen Expertengremiums umfasste 1.592 an einem Krebs erkrankte Kinder und 4.735 nicht erkrankte Kinder (sog. Kontrollen, die in den Lebensumständen den erkrankten Kindern möglichst gleichen) unter 5 Jahren. Untersucht wurden dabei 41 Landkreise in der Umgebung der 16 Standorte der Kernkraftwerke in Deutschland. Das Risiko, an einem Tumor oder Leukämie zu erkranken, stieg dabei statistisch signifikant mit der Nähe des Wohnortes zu einem Reaktor an. Dieser Befund ist hauptsächlich auf Leukämien bei den unter 5 Jahre alten Kindern zurückzuführen.

Die vorgelegte Studie ist die dritte in einer Reihe entsprechender Untersuchungen des Kinderkrebsregisters. Sie hebt sich aber von den zwei Vorläuferstudien in der Aussagequalität entscheidend ab. Der bedeutsame Fortschritt dieser Untersuchung ist allerdings, dass hier das erste Mal nicht nur Erkrankungshäufigkeiten in bestimmten Regionen miteinander verglichen wurden. Erstmals konnten in einer sog. Fall-Kontroll-Studie exakte Angaben zur Entfernung eines Wohnortes von einem Reaktor, und zwar sowohl für erkrankte als auch für nicht erkrankte Kinder, berücksichtigt werden.

Das Ergebnis hat das BfS insgesamt nicht erstaunt. Es passt nach Auffassung der Behörde zu ähnlichen Untersuchungen, die weltweit durchgeführt werden. In einer sog. Metastudie, in der bisherige ökologische Studien zum Auftreten von Krebs im Kindesalter in der Umgebung von Kernkraftwerken zusammengefasst und ausgewertet wurden, war in diesem Jahr ebenfalls ein solcher Zusammenhang festgestellt worden. Überraschend ist jedoch, dass nachweislich, das Risiko für Kinder an Leukämie zu erkranken umso größer ist, je näher sie am Reaktor wohnen.

Nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand sei allerdings die Strahlenbelastung der Bevölkerung durch den Betrieb der Kernkraftwerke zu niedrig, um den beobachteten Anstieg des Krebsrisikos zu verursachen. Das Ergebnis könne also nicht plausibel mit den tatsächlichen Ableitungen aus den Reaktoren erklärt werden. Auch andere mögliche Risikofaktoren, die im Zusammenhang mit kindlichen Leukämien in Betracht zu ziehen sind, können den entfernungsabhängigen Risikoanstieg derzeit nicht erklären.

Der ausführliche Abschlussbericht der Studie wurde jetzt dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit übergeben.

Stand: 08.12.2007

© Bundesamt für Strahlenschutz