-
Info Konrad
Unternavigationspunkte
Folgen eines Strahlenunfalls
Gemäß Strahlenschutzverordnung ist ein Strahlenunfall ein Ereignisablauf, der für eine oder mehrere Personen eine effektive Dosis von mehr als 50 Millisievert (mSv) zur Folge haben kann.
Welche Kriterien müssen bei einem "Strahlenunfall" erfüllt sein?
Im engeren Sinne werden unter dem Begriff "Strahlenunfall" in Übereinstimmung mit der International Commission on Radiation Protection (ICRP), dem US-amerikanischen National Council of Radiation Protection (NCRP) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO, inklusive "Radiation Emergency Assistance Center/Training Site" (REAC/TS)) solche Unfälle verstanden, bei denen eines der nachstehenden Kriterien erfüllt ist (nach der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA)):
- Ganzkörperbestrahlung mit Dosen größer als 0,25 Sievert, die zur Schädigung des blutbildenden Systems oder anderer kritischer Organsysteme führt,
- lokale Organ- und Gewebebestrahlung sowie Hautbestrahlung mit Dosen größer als sechs Sievert (einschließlich Kontaminationsunfälle),
- lokale Bestrahlung von Organen (außer der Haut) durch externe Quellen mit Dosen größer als 0,4 Sievert,
- Inkorporation, bei der die Hälfte der von der ICRP beschrieben "Maximum Permissible Organ Burden" (das heißt, der maximalen zulässigen Organbelastung) erreicht, beziehungsweise überschritten wird,
- medizinische Unfälle, soweit eines der oben genannten Kriterien erfüllt ist.
Die frühen Wirkungen einer Ganzkörper- und großvolumigen Teilkörperexposition werden unter dem Begriff "akutes Strahlensyndrom (akute Strahlenkrankheit)" zusammengefasst.
Erscheinungsformen der akuten Strahlenkrankheit
In Abhängigkeit von der Dosis sowie der betroffenen Organe/Organsysteme und Leitsymptome unterscheidet man folgende Erscheinungsformen der akuten Strahlenkrankheit:
- Im Dosisbereich von einem bis sechs Gray (Gy) zeigen sich charakteristische Veränderungen im Blutbild (hämapoetische Form der Strahlenkrankheit).
- Im Dosisbereich von fünf bis 20 Gy entwickelt sich die gastrointestinale Form, welche auf Strahleneffekten an der Magen-Darm-Schleimhaut beruht.
- Bei Strahlenexpositionen ab 20 Gy tritt die zerebrovaskuläre Form der Strahlenkrankheit auf, die durch Versagen der zentralnervösen Regulationsmechanismen entsteht.
- Die Strahlenschäden an der Haut und an kutanen Schleimhäuten (Mundhöhle) werden als (muko)kutane Form bezeichnet (ab cirka drei Gy lokaler Dosis).
Trotz dieser Unterscheidungen handelt es sich bei der akuten Strahlenkrankheit um ein Multiorgan-Geschehen.
Entwicklungsphasen der Strahlenkrankheit
Bei Strahlenexpositionen von unter einem Gy bleiben die Verunfallten in der Regel symptomfrei. Ähnlich wie bei einem viralen Infekt entwickelt sich die Strahlenkrankheit in folgenden Phasen:
- eine Prodromalphase (unspezifische Symptome, wie zum Beispiel Übelkeit und Erbrechen); je höher die Dosis bzw. je schwerer das Strahlensyndrom, desto schneller treten die Symptome auf und desto länger halten sie an,
- eine Latenzphase (symptomlose Zeit); die Dauer der Latenzphase nimmt mit steigenden Dosen ab,
- eine Phase der manifesten Erkrankung und
- eine Erholungsphase; je nach Schwere des Krankheitsbildes von unterschiedlicher Dauer.
Prognose für Patienten mit akutem Strahlensyndrom
Die Prognose für Patienten mit akutem Strahlensyndrom ist von mehreren Einflussfaktoren abhängig. Auf Grund der vorliegenden Erfahrungen aus Strahlenunfallereignissen und Ganzkörperbestrahlungen (zum Beispiel im Rahmen der Behandlung von Patienten zur Vorbereitung einer Stammzelltransplantation) konnte festgestellt werden, dass die Prognose für Verunfallte auch ohne Behandlung gut ist, falls die akute kurzzeitige Ganzkörperexposition unter drei Gy liegt.
Bei einer optimalen Behandlung ist die Prognose für Verunfallte auch bei Strahlenexpositionen, die weniger als sechs Gy betragen, gut. Bei Strahlenexpositionen von mehr als 15 Gy bleiben den Verunfallten trotz optimaler Krankenversorgung kaum Überlebenschancen.
Form des Strahlensyndroms | ||||
---|---|---|---|---|
hämatopoetisch | gastrointestinal | zerebrovaskulär | ||
Leitorgan | Rotes Knochenmark | Magen-Darm-Schleimhaut | Zentrales Nervensystem, Herz | |
Dosisbereich | ein bis sechs Sievert | fünf bis 20 Sievert | mehr als 20 Sievert | |
Prodromalphase | Zeit des Auftretens | dreißig Minuten bis sechs Stunden nach der Exposition | 15 Minuten bis zwei Stunden nach der Exposition | nicht erkennbar |
Dauer | 24 bis 48 Stunden | bis 72 Stunden | ||
Symptome | Speichelbildung, Übelkeit, Erbrechen | Speichelbildung, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerz, getrübtes Bewusstsein | ||
Latenzzeit | zwei bis vier Wochen | drei bis fünf Tage | nicht erkennbar | |
Manifeste Erkrankung | Fieber, Schwäche, Infektionen, Blutungsneigung, ab drei Gray Haarausfall, Radiodermatitis und Schleimhautgeschwüre | massiver Durchfall, eventuell blutig, Schock, Infektionen, Blutungen | Krämpfe, Bewusstseinsverlust mit kardio-zirkulatorischem Schock | |
Erholungsphase | Je nach Schwere des Krankheitsbildes von unterschiedlicher Dauer | nur im unteren Dosisbereich | Tod innerhalb von 2 Tagen |
Stand: 22.03.2018